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FrauenLesen

Posted on 16.11.2020

Die Stunde der Liebenden von Lucy Foley Es beginnt ein wenig konfus, da es zwischen den Zeiten, Protagonisten und Schauplätzen hin und her springt. Ich bin noch am sortieren, welche Figuren wohin gehören. Die erste halbe Seite beschreibt das Poträt einer Frau. Das Bild hängt in der National Portrait Gallery. Wer ist sie? Auf dem Textschild neben dem Bild heißt es nur: Eine Freundin des Künstlers, um 1928, Federzeichnung. Der erste Teil des Buches nennt sich Das Werk eines Meisters. Wir sind in Hertfordshire, im August 1928. Auf einem Fest trifft Tom Stafford Alice wieder. Er kennt sie aus Kindertagen, da waren sie beide sechs Jahre alt und haben sich das letzte Mal gesehen. Tom hatte in ihr eine verwandte Seele gefunden und eine wunderbare Sommerzeit mit ihr verbracht. Im folgenden Jahr wollten sich die Familien wieder treffen. Doch dann kam Alices Vater ums Leben und der Krieg begann. Ein Sprung zu Kate. Sie tritt hier als Ich-Erzählerin auf. Sie erzählt von ihrer Mutter June Darling, die eine berühmte Balletttänzerin war. Ihre Mutter wurde als Baby vor einem Kinderheim abgelegt. Es war ein relativ gutes Heim. Die Kinder bekamen drei Mahlzeiten, wurden unterrichtet, konnten sogar Musikstunden nehmen und hatten einen Park zum Spielen. Als ihre Mutter sechs war, sorgte ein anonymer Spender dafür, dass die Mädchen singen und tanzen lernen konnten. Wie sich herausstellte, war die Ballettlehrerin die Tochter des Spenders: Evelyn Darling. Diese Evelyn Darling kam aus einer Familie, die zur besseren Gesellschaft gehören möchte. Sie träumte vom Ballett und ihr Vater ließ sie Stunden nehmen. Doch öffentlich auftreten? Das ziemte sich nicht. Mit 19 lernte sie einen jungen Mann, Harry, kennen. Sie verlobten sich und für eine verheiratete Frau gehörte sich das schon gar nicht. Einige Monate vor der Hochzeit hatten die beiden einen Autounfall. Harry war sofort tot. Evelyn verlor ihr Baby, ohne dass sie gewusst hatte, schwanger gewesen zu sein, und eines ihrer Beine war mehrmals gebrochen. Obwohl sie nie wieder tanzen werden könnte, auch keine Kinder mehr bekommen könnte, kämpfte sie verbissen daran, wieder gesund zu werden. Sie adoptierte ein kleines Mädchen namens June und ließ ihren Traum durch sie weiterleben. Das Märchen endete abrupt, als June 1985 bei einem Flugzeugabsturz starb. Ein Jahr später, Mai 1986, in London. Kate hat sich von den Studienfreunden zurückgezogen. Sie arbeitet in einem Fotogeschäft, dessen Besitzer den Laden aus Liebe betreibt. Und sie hatte Evie, die an Demenz litt und mittlerweile eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung in einem Heim brauchte. Bei einem ihrer Besuche erfuhr Kate von Evie ein Geheimnis, das diese Jahrzehnte in sich getragen hat. Kates Mutter war immer davon überzeugt, dass sich ihre leibliche Mutter nie nach ihr erkundigt hat. Doch das stimmte nicht. Wenige Tage nach ihrem Geständnis stirbt Evie. Im Nachlass von Evie findet Kate Tausende von Fanbriefen, gerichtet an June, ihre Mutter. Und sie findet Briefe von ihrer Großmutter zwischen all dieser Fanpost. Kate stellt fest, dass diese jährlich einen Brief an ihre Tochter schrieb. Ist ihrer Mutter und Evie das nie aufgefallen? Kate fragt sich, ob das Bild, auf dem wohl ihre Großmutter abgebildet ist, die Frau, die ihr Baby vor einem Heim abgelegt hat, etwas Besonderes ist. So beginnt sie mit Nachforschungen und erfährt, dass es von Thomas Stafford, einem berühmten Maler, ist. Es muss eine sehr frühe Zeichnung sein, da sie keinerlei Ähnlichkeiten mit seinen bekannten Werken hat. Durch weitere Recherchen gerät Kate an die Adresse des Malers und schreibt ihm einen Brief. Zwei Wochen lang muss sie auf Antwort warten. Doch dann erhält sie von ihm sogar eine Einladung nach Korsika. Ich liebe Geschichten, die in der Vergangenheit und Gegenwart spielen. Anfangs habe ich zwar erst mal meine Schwierigkeiten, richtig warm mit dem Buch zu werden, aber wenn ich die Namen erst mal kenne und wer mit wem zu tun hat, kann ich das Lesen genießen. So ging es mir auch mit diesem Buch. Wobei ich erst dachte: Oh nein, nun bringt der Insel Verlag Herz-Schmerz-Gedöns raus? Zur Beruhigung: weit gefehlt. Ja, es geht auch um Herz und Schmerz, aber ohne kitschig zu sein. Was damals geschah, erfährt man auch anhand von Briefen, was mir äußerst gut gefallen hat. Kates Recherche führt uns zurück in die Goldenen Zwanziger und lässt die Figuren auch die Schrecken des Zweiten Weltkrieges erleben. Wie sich die vielen Fäden nun entwirren und zu einem gemeinsamen Ende führen, lest selbst.

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