Profilbild von hermunduh

hermunduh

Posted on 11.11.2020

Das geheime Leben der Sinti in der DDR Ein großartiges Buch zur Geschichte der Sintikultur erblickte dieser Tage im Mitteldeutschen Verlag das Licht des Buchlebens. Das Buch: Sinti in der DDR: Alltag einer Minderheit, ist zweigeteilt. Auf den ersten 82 Seiten liefert uns Simone Trieder einige wunderbare Texte, die sich mit der Lebenswirklichkeit der Sinti in der DDR befassen. Dank der Vernichtungspolitik der Nazis überlebten nur wenige Sinti (und keine Roma), nach 1945 mussten sie in der DDR um die Anerkennung als Verfolgte des Nationalsozialismus lange kämpfen und lebten in der DDR vielerorts als verachtete Außenseiter, ähnlich wie ihre Brüder und Schwestern in der BRD. Sinti lebten in Familienverbänden in einer Art Parallelgesellschaft, viele arbeiteten als Schausteller auf Rummelplätzen und zogen übers Land. Beispiellos und einfach nur großartig, die Geschichte des Sinti (überzeugter Kommunist, VVN, SED-Mitglied), der zeitweise das Mandolinenorchester der Polizeidirektion Magdeburg leitete, später von einem missgünstigen Vopo-Kollegen wegen angeblichen illegalen Grenzübertritts verraten wurde, 11 Monate unschuldig im DDR-Knast saß und nach seiner Flucht in den Westen in den bundesdeutschen Behörden zwei ehemalige Nazis = Mitarbeiter der Rassenhygienischen Forschungsstelle enttarnte (ohne Konsequenzen für die Exnazis). Das Buch ist eine Wucht, weil Trieders akribische Recherche aufs Wunderbarste ab Seite 88 durch die Fotos von Markus Hawlik-Abramowitz ergänzt, nein bereichert wird. Der Fotograf begleitete Anfang der 80er Jahre hauptsächlich in Halle und Erfurt Sinti in ihrem Lebensalltag für ein Fotoprojekt. Schwarzweißfotografie, nah an den Personen und ihrer tristen Umgebung. Knallhart, traurig, schön! Kaufen!

zurück nach oben