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throughsioux_books

Posted on 9.11.2020

Schreibstil: Mir gefällt Kathinka Engels Schreibstil sehr gut. Sie schreibt einfach unheimlich flüssig und locker, weiß ihre Protagonisten zu beleben und Emotionen gut darzustellen. Ich konnte das Buch einfach so weglesen. Das ist schon viel wert. Auch die Aufteilung des Buches fand ich sehr gelungen. Es wird hier aus der Perspektive von Bonnie und aus der von Jasper erzählt. Zudem aber auch in verschiedenen Zeitebenen. Bei sowas bin ich manchmal skeptisch, weil ich es lieber mag, wenn ich die gegenwärtige Geschichte in seiner Gänze erlebe und nicht dauernd in der Vergangenheit festhänge. Ich habe dann immer das Gefühl, es ginge nicht voran. Und manchmal ist das auch so. Nicht so in diesem Buch. Die Kapitel aus der Vergangenheit erzählen ebenfalls aus den Perspektiven beider Protagonisten und sind relativ kurz gehalten. Zudem sind sie nicht chronologisch geordnet, sondern durcheinander. Das belebt auch die Rückblenden ein wenig und trägt dazu bei, dass sie noch effektiver und keineswegs langweilig die Gegenwart bereichern. Ich glaube diese Perspektiv- und Zeitwechsel sind für mich ein kleines Highlight innerhalb dieser Geschichte gewesen, weil ich sie selten so gut gesetzt vorgefunden habe. Jedenfalls nicht in Liebesromanen. Meine Meinung: Wer Bonnie kennenlernt, wird erst etwas verwirrt sein. Bei Bonnie ist nämlich alles, was irgendwie geht, unterdrückt. Sie versteckt sich, hält sich zurück, schweigt über ihre Gefühle und ist fast den ganzen Tag damit beschäftigt, sich gut zuzureden. Es ist irgendwie ungewohnt, von so vielen aufgestauten Gefühlen zu lesen. Und es entschleunigt die Handlung auch ein wenig. Es ist nämlich natürlich nicht so, dass Bonnie von einem Moment auf den anderen denkt: Ich breche jetzt einfach mal nach dreizehn Jahren mein Schweigen und vergesse all die Gründe, weshalb ich es zuvor nicht aussprechen konnte. So ist es nicht. Und darauf muss man sich ein wenig einstellen. Mir hat das aber keine Probleme bereitet. Durch die Vergangenheitskapitel, ließen sich ihre Gründe und Gefühle sehr gut nachvollziehen und man war auch nicht so in der anfangs recht ereignislosen Gegenwart gefangen. Im ersten Moment denkt man vielleicht, dass Bonnie die Schwäche des Buches ist, weil sie relativ unaufregend ist. Was sie aber auch ist, ist selbst aufopfernd, taff, treu und wirklich wirklich cool. Sie hat nur eben mit viel zu kämpfen. Ich konnte sie unheimlich gut verstehen und war gleichzeitig traurig, dass es sie so getroffen hat. Man muss mit ihr einfach etwas Geduld haben, bis man entdeckt, dass alles bei ihr zusammenläuft und sie die emotionalste Person der Geschichte ist. Jasper ist ein ganz anderes Kaliber. Als Vater von zwei Kindern ist er schon etwas erwachsener. Er kennt große Verantwortung und hat schon so viel erlebt, dass er sich nicht mehr damit begnügt, herumzudrucksen. So ist er sehr direkt und hartnäckig, wenn es drauf ankommt. Im Laufe der Geschichte gibt es mehrere Szenen, aus denen andere Protagonisten ohne irgendeinen Mehrwert auseinander gegangen wären. Jasper lässt es nicht dazu kommen. Er spricht das aus, was der Leser sich denkt, stellt Fragen, ist aufmerksam und lässt sich nicht abschütteln. Dadurch fordert er die verschlossene Bonnie immer wieder heraus und baut ihre Mauen Stein für Stein ab. Zudem ist er jemand, der bewusst das Gespräch sucht. Wenn er an irgendeiner Stelle nicht weiterkommt/weiterweiß oder etwas ungeklärt im Raum steht, geht er hin und spricht es an. Das fand ich super und relativ ungewohnt. Endlich muss man sich mal nicht aufregen oder genervt den Kopf schütteln. Jasper macht das schon und nur deshalb funktionieren er und Bonnie so gut miteinander. Präsent in Vergangenheit und Gegenwart waren auch die Nebenprotagonisten. Ich fand es echt schön, wie sie die Band zusammenhält, niemanden verurteilt und auch, wie Jaspers Familie mehr und mehr wächst durch Menschen, die er liebevoll kritisch aufnimmt. Hugo, sein Großvater, war eine ganz besondere Nummer. Er hat regelmäßig frischen Wind in die Geschichte gebracht. Weston und Maya (Jaspers Kinder) dagegen, waren für den Zuckerfaktor verantwortlich. Die Szenen mit ihnen sind wirklich zuckersüß. Wer zudem Band 1 gelesen hat, wird sich freuen, dass Franzi und Link hier auch wieder Platz finden und es bahnt sich da auch schon wieder was Neues an, auf das man gespannt sein darf:) Vom Handlungsverlauf her, muss ich sagen, dass es eben nicht ganz flott vorangeht. Manchmal hatte man das Gefühl, es liegen doch noch zu viele Schritte vor Bonnie und Jasper und dass sie es wohl in diesem Buch nicht mehr schaffen. Das legt sich aber. Als Bonnie sich mehr und mehr öffnet, die beiden zueinanderfinden, nimmt auch die Geschichte ein wenig an Ereignissen zu. Man darf hier bloß kein Feuerwerk der Emotionen, Action und Spannung erwarten. Dafür aber viel Tiefe. Viele Seiten hinweg versinken wir in Bonnies Gedanken, die über Dinge nachdenkt, die einem Außenstehenden wirklich unwichtig erscheinen. Es zeigt sich aber letztlich, dass genau das nicht der Fall ist. Sie ist einfach nur recht genau und lässt kein Schlupfloch übrig. Zum Ende hin erzeugt das den Eindruck, dass die beiden sich da etwas für die Ewigkeit schaffen, was ich sehr cool fand. Es wirkt auf mich authentisch, wenn es am Ende nicht abgedreht kitschig, sondern realistisch und überlegt seinen Weg findet. Fazit: Eine Liebesgeschichte, die unheimlich frustrierend ist, beim Lesen aber zum Glück nicht so wirkt. Das Buch lässt sich locker leicht lesen, auch wenn es etwas ereignislos beginnt, und ist mit den eingeschobenen Rückblicken sehr interessant gestaltet. Für mich war es mal eine andere Perspektive auf eine Liebesgeschichte, die ich sehr schön fand. Es geht tief und setzt sich einfach mit der Realität auseinander. Zwischendurch finden sich zudem super süße Momente, die mich dahinschmelzen ließen und ich muss Jasper loben: Lange habe ich keinen solch taffen Kerl mehr erlebt, der nicht in die üblichen Fallen von Liebesgeschichten tappt. Von mir gibt es 5 von 5 Sterne.

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