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Janika

Posted on 9.11.2020

Serpent & Dove ist ein klei¬ner Ge¬nuss im Be¬reich Ro¬man¬tasy und ich glaube, es hat mich lan¬ge kein Buch in dem Genre so sehr be¬geis¬tert wie die¬ses. Wobei ich sa¬gen muss, dass ich mir schon mehr Ma¬gie ge¬wünscht habe. Diese fin¬det näm¬lich nur in einem sehr über-schau¬ba¬ren Rah¬men Be¬ach¬tung und es gibt viel eher theo¬re¬ti¬sches Wissen über Hexen als tat¬säch¬li¬che Ma¬gie. Ich ging in die¬sem Punkt wohl mit ganz anderen Er¬war¬tun¬gen an die Lek¬türe. Die ersten Be¬griffe, die mir auf dem Um¬schlag auf¬fie¬len, waren »Hexe« und »Hexen¬jäger«. Ich hatte mir ein¬fach mehr Zau¬be¬rei ge¬wünscht. Nicht in einem Aus¬maß wie bei Harry Potter, aber klei¬ne Zau¬ber, die Lou im All¬tag an¬wen¬det. Ab¬ge¬se¬hen davon fand ich die Um-setzung aber ge¬lun¬gen. Be¬son¬ders inte¬ressant fand ich die Kluft zwi¬schen Hexen und Chasseu¬ren, denn beide Gruppen haben ihre eige¬nen Ideo¬lo¬gien, hin¬ter denen sie voll und ganz stehen. Lou steht ein we¬nig zwi¬schen den Fronten. Sie ver¬ab¬scheut – wie alle Hexen – die Chasseu¬re und steht hinter den Hexen, vor de¬nen sie sich gleich¬zei¬tig fürch¬tet. Diese Pers¬pek¬ti¬ve der Zerrissen¬heit und ihr Zwie¬spalt ha¬ben mir gut ge¬fallen. Interessant und beängstigend fand ich das Leben der Chasseure, deren Le¬bens¬stil wohl mehr einem Kult ähnelt als etwas ande¬rem. Sie recht¬fer¬ti¬gen die Hexen¬jagd mit Reli¬gion und selbst wenn dies beim ein oder ande¬ren Punkt für Wi¬der¬sprüch¬lich¬keit sorgt, stehen die Chasseure doch da¬hin¬ter. Es ist etwas gru¬se¬lig und gleich¬zei¬tig un¬ter¬halt¬sam, Ein¬bli¬cke in diese Den¬kens¬art zu be¬kommen. Die Chasseure hal¬ten krampf¬haft an ihrer Ar¬gu¬men¬ta¬tion fest, sei sie noch so zweifel¬haft. Andersherum sind aber auch die Ein¬blicke in den Hexen¬kult inte¬ressant – be¬son¬ders das letzte Vier¬tel der Lek¬türe war ge¬nial. Ähn¬lich wie die Chasseure kennen viele Hexen näm¬lich auch nur zwei Seiten: gut und böse. Welche Opfer sie be¬reit sind zu ge¬ben, um ihre Ziele zu er¬rei¬chen, ist er¬schre¬ckend. Mir hat ge¬fallen, dass Lou und ihre Freun¬de die Welt, in der sie le¬ben, lang¬sam aus einer ande¬ren Pers¬pek¬tive be¬trach¬ten und nicht alles schwarz und weiß sehen. Auch die Grün¬de, wieso Cha¬rak¬tere ihre bis¬heri¬ge Mei¬nung ab¬le¬gen und eine neue an¬nehmen, fand ich klasse. Was mir leider nicht ganz klar wurde, waren die ge¬gen¬sei¬ti¬gen Ge¬füh¬le von Lou und Reid. Klar, irgend¬wo mochte ich das Hate-to-Love-Trope, was man von An¬fang an kommen sieht. Aller¬dings hat es sich für meinen Ge¬schmack ein wenig zu schnell ent¬wi¬ckelt. Vor allem in Be¬zug auf die In¬ten¬si¬tät der Ge¬fühle, wenn ich be¬denke, dass Reids Herz lange Zeit einer ande¬ren Frau ge¬hört hat, die ihm – zu¬mindest zu Be¬ginn von Serpent & Dove – noch sehr viel be¬deu¬tet hat. Im gro¬ßen Gan¬zen mochte ich die zwei zu¬sammen aber sehr. Besonders Lou. Sie ist eine Figur ganz nach mei¬nem Ge¬schmack und im Gegen¬satz zu so vielen ande¬ren weib¬li¬chen Cha¬rak¬te¬ren des Genres keine graue Maus. Lou ist vielmehr das kom¬plette Gegen¬teil! Sie flucht, ist er¬fah¬ren und weiß (meistens) genau, was sie will. Ihr Fluchen und wie scho¬ckiert andere da¬rü¬ber sind, hat mir beim Le¬sen extrem viel Spaß gemacht. Reid ist der komplette Gegen¬satz zu Lou, so¬dass die beiden ein inte¬ressan¬tes Team dar-stellen und für viel Un¬ter¬hal¬tung sorgen. Lou und Reid sind Erz¬feinde und nur Lou weiß, dass das so ist. Reid, der als Chasseur Hexen jagt, ahnt nichts von Lous wahrer Iden¬ti¬tät als Hexe. Dem¬ent¬spre¬chend offen be¬teuert er auch seine Ab¬scheu für Hexen. Lou hin¬ge¬gen hält eben-falls nicht viel von Reid und den Chasseuren. So ent¬ste¬hen eini¬ge unter¬halt¬same Ge¬spräche, bei denen Lou ihren Stand¬punkt stark ver¬tritt. Das fand ich super! Auch wie die beiden auf-einan¬der wirken und sich be¬ein¬flussen, hat mir gut gefallen. Doch Serpent & Dove überzeugt nicht nur mit den beiden Pro¬ta¬gonis¬ten. Shelby Mahurin hat noch vielen weite¬ren wunder¬vollen Fi¬gu¬ren Leben ein¬ge¬haucht, die das Um¬feld von Lou und Reid bereichern. Mein Liebling ist dabei ganz klar Ansel! Schon vom ersten Mo¬ment an habe ich ihn in mein Herz ge¬schlossen mit seiner zar¬ten, un¬be¬holfe¬nen und doch so selbst¬be¬wussten Art. Ansel ist für mich der In¬be¬griff eines viel¬schich¬tigen Cha¬rak¬ters. Einer¬seits ver¬sucht er es allen recht¬zu¬machen, ande¬rer¬seits ver¬sucht er aber auch, zu sich selbst zu ste¬hen und seinen eige¬nen Weg zu gehen. Das fand ich klasse. Aber auch Figuren wie Lous Freun¬din Coco und Jean Luc fand ich inte¬ressant. In puncto Fi¬gu-ren hat mich Shelby Mahu¬rin also voll und ganz überzeugt.

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