Profilbild von Julia

Julia

Posted on 7.11.2020

In "Clan-Land" von Burkhard Benecken geht es um Lorenz, den bekanntesten Strafverteidiger eines rechtsradikalen Deutschland, und die Entwicklung des Rassismus. Diesmal sind es nicht Juden, die von der an die Macht gekommenen Zero-Tolerance-Partei und der Bevölkerung diskriminiert und verfolgt werden, stattdessen müssen die Muslime leiden. Der Autor ist selber Strafverteidiger und konnte die Fälle daher sehr realitätsnah darstellen. Ich durfte das Buch als Rezensionsexemplar lesen. Das Cover gefällt mir gut. Es ist sehr kontrastreich und interessant anzusehen, wenn auch nicht besonders aussagekräftig. Der Titel ist passend gewählt, ohne zu viel zu verraten. Die Idee, dass eine rechtsradikale Partei erneut die Macht übernimmt und das Justizsystem komplett reformiert (wonach es übrigens ein riesiger Witz ist), kam mir sehr originell vor. Auch die Handlung und das Setting sind mir so oder in ähnlicher Form noch nicht begegnet. Der Schreibstil war nicht außergewöhnlich auffällig, was in diesem Fall sehr gut war, da man das Buch klar und schnell lesen konnte. Die Atmosphäre wurde eher durch die Figuren, das Setting und die Handlung aufgebaut und hat manchmal geschwächelt, war aber alles in allem sehr passend. Die Geschichte spielt an verschiedenen Orten des neuen Deutschlands. Zum einen in Lorenz' Villa und Kanzlei, die beide stark ausdrücken, wie reich er ist. Ein Großteil der Handlung findet aber in den Justizarenen und in Neu-Essen statt. Diese beiden Orte waren ziemlich einzigartig und besaßen eine starke Atmosphäre. Lorenz war mir am Anfang wahnsinnig unsympathisch. Er hat bereitwillig einen Vergewaltiger verteidigt und die Opfer regelrecht zerstört. Moralisch schien er damit kein Problem zu haben. Im Laufe des Romans hat er sich aber entwickelt und ist mit deutlich sympathischer geworden. Auch die anderen Figuren waren sehr lebendig und sind mir ans Herz gewachsen, auch wenn sie nicht immer ganz ehrlich waren. Die Handlung an sich hat mir sehr gut gefallen. Es hat sich Spannung aufgebaut, die sich am Ende auch entladen hat, aber nicht vollständig. Man erwartet noch ein paar Kapitel, eine Auflösung, etwas Weiterführendes … aber das Buch endet. Mich hat das offene Ende mit einem unbefriedigten Gefühl zurückgelassen. Man kann natürlich argumentieren, dass Lorenz' Charakterentwicklung abgeschlossen ist, aber mir wurde die Handlung zu schnell und zu früh beendet. Spaß gemacht hat mir das Lesen trotzdem und ich würde das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen. Alles in allem malt der Roman eine erschreckende und leider realistische Zukunftsvision und wäre vermutlich ein Jahreshighlight für mich gewesen, wenn er nicht so abrupt aufgehört hätte.

zurück nach oben