Dreamworx
Ein Briefwechsel mit Folgen 1812 Hertfordshire/England. Ihr großer Wunsch nach einem standesgemäßen Ehemann und eine eigene Familie hat sich für die 20-jährige Lady Miranda bisher nicht erfüllt. Während ihre jüngere verwöhnte Schwester Georgina der Star ihres Debüts ist und von Herren auf Freiersfüßen umschwirrt wird, lässt Miranda ihre gedrückte Stimmung durch das Verfassen von Tagebuch-Briefen an den unbekannten Freund ihres Bruders Griffith heraus, wohlwissend, dass er diese niemals zu Gesicht bekommen wird. Dumm nur, dass der neue Kammerdiener Marlow die Briefe an den Herzog von Marshington tatsächlich versendet. Miranda schämt sich bereits in Grund und Boden, sucht nach einem Ausweg aus dieser verflixten Lage, da erhält sie tatsächlich eine Antwort vom Herzog und ein freundschaftlicher Briefwechsel beginnt, der sich nach und nach zu einer Romanze entwickelt, die nicht vorhersehbar ist, auch für Miranda nicht… Kristi Ann Hunter hat mit „Entführung ins Glück“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur zu einer Reise in die Regency-Zeit einlädt, sondern auch mit einer atmosphärisch-dichten und farbenfrohen Geschichte überzeugt. Der flüssig-humorvolle, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil macht es dem Leser leicht, sich gedanklich in die Vergangenheit zu begeben, um dort neben Lady Miranda und ihrer Gedanken- und Gefühlslage auch die damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten genau unter die Lupe zu nehmen. Durch die wechselnden Perspektiven entwickelt die Handlung eine Eigendynamik, die mit gut gesetzten Wendungen, humorigen Verwechslungsszenen und spritzigen Dialogen die unterschwellige Spannung immer weiter in die Höhe schraubt. Ein besonderes Augenmerk verdient auch das gesellschaftliche und politische Sittengemälde, das die Autorin dem Leser präsentiert, vor allem im Hinblick auf die Lage der Frau zu jener Zeit, deren Ruf das höchste Gut war, das sie zu verlieren hatte. Auch die Standesunterschiede werden deutlich aufgezeigt und dass es für eine junge Dame völlig indiskutabel war, sich mit dem Dienstpersonal einzulassen. Das Korsett der damaligen Konventionen war sehr starr und folgte genauen Regeln, aus denen ein Entkommen schon im Hinblick auf das Ansehen der Familie nicht möglich war. Der christliche Aspekt ist in diesem Buch nur sehr unterschwellig bemerkbar. Die Charaktere wurden liebevoll ausgestaltet und lebendig in Szene gesetzt. Ihre individuellen menschlichen Eigenschaften wirken glaubwürdig und authentisch, so dass der Leser schnell eine Nähe zu ihnen aufbaut und gespannt die Ereignisse verfolgt. Miranda ist eine freundliche und impulsive junge Frau, in deren Brust zwei Herzen schlagen. Einerseits möchte sie den Ansprüchen ihrer Eltern gerecht werden, andererseits wünscht sie sich, ungeachtet der Vorgaben und Regeln ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Sie besitzt Herz und Verstand, doch geht ihr Temperament manchmal mit ihr durch. Marlow erledigt als Kammerdiener zwar seinen Job, aber ihn treibt ein Geheimnis um, das sich erst nach und nach offenbart. Mirandas Schwester Georgina ist ein verwöhntes und arrogantes Ding, für die sich alles nur um ihre Person drehen muss, ansonsten wird sie unerträglich und tyrannisiert ihr Umfeld. Mirandas Mutter wirkt mit ihren ewigen Ermahnungen wie eine strenge Lehrmeisterin. Auch wenn sie um die Erziehung ihrer Töchter besorgt ist, fehlt es hier etwas an Wärme und Verständnis. Aber auch Griffith, Tante Marguerite und weitere Protagonisten sorgen für reichlich Wirbel in dieser turbulenten Geschichte. „Entführung ins Glück“ ist ein historischer Roman mit einem gelungenen Mix aus spannender Verwechslungskomödie gepaart mit Romantik und gut dosiertem Humor. Dynamisch, spritzig und kurzweilig erzählt, hat er eine absolute Leseempfehlung auf jeden Fall verdient!