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xxmissletterxx

Posted on 1.11.2020

Literarisch gesehen hat mich „Als die Welt stehen blieb“ nicht beeindruckt, denn insgesamt füllt dieses Buch nur Tagebucheinträge, wie es eigentlich jeder kann. Über die 16€ kann man daher streiten, aber wenn man mal wieder eine Reise in die Vergangenheit machen möchte, um das Vergangene, den Lockdown und die Quarantäne vielleicht ein bisschen zu verarbeiten, ist Lundes „persönlichstes Buch“ ein netter Zeitvertreib. Die Corona-Pandemie hat 2020 allen Personen das Leben gehörig auf den Kopf gestellt und auch nach über sieben Monaten muss ich gestehen, dass ich immer noch mit der Gesamtsituation heillos überfordert bin. Die letzten Monate waren in jeder Hinsicht nicht einfach. Die Angst um die Liebsten ist immer präsent und die Zukunft weiterhin ungewiss. Dass man die Krise aber nicht allein bewältigen muss, spürt man besonders, wenn Freunde und Familienmitglieder über die Situation sprechen und ihre eigene Sicht hinzuziehen. Ich finde es überaus interessant, zu erfahren, wie andere Personen die Corona-Pandemie wahrnehmen, ihre eigenen Ängste schildern und Hoffnung aussprechen. Genau aus diesem Grund wollte ich Maja Lundes neues Buch „Wie die Welt stehen blieb“ lesen: Wie hat Maja Lunde die Corona-Pandemie in Norwegen wahrgenommen? Wie hält man die fünfköpfige Familie zusammen, wenn außerhalb des Hauses kein normales Leben mehr stattfinden kann? Wann und wo hat Maja Lunde Hoffnung in der Krisensituation gewonnen? Welche Gedanken gehen einer Bestseller-Autorin durch den Kopf, wenn die Welt stehen bleibt? Da ich noch keinen Roman von Maja Lunde gelesen habe, konnte ich nicht einschätzen, was ich literarisch zu erwarten habe. Der Zusatz im Titel „Maja Lundes bislang persönlichstes Buch“ hat mich aber schon darauf vorbereitet, dass ich Ehrlichkeit und Offenheit erwarten kann, zwei Punkte, die ich auch wiedergefunden habe. „Als die Welt stehen blieb“ ist aufgebaut wie ein Tagebuch: Maja Lunde schildert quasi in kurzen und komprimierten Tagebucheinträgen das Geschehen in ihrem Leben und legt für den Leser bzw. die Leserin ihre Gedanken und Gefühle offen. Die Form, die Maja Lunde gewählt hat, finde ich zwar passend und authentisch, aber die Kürze der Einträge hat mich sehr gestört. Die kurzen Abschnitte, plötzlich eingeworfene Momente, die – so wie ich es wahrgenommen habe - kein Anfang und kein Ende haben, verhindert nur das Eintauchen in Lundes Leben. Ich hätte sehr gerne mehr über den ein oder anderen Tag erfahren. Für mich ist leider die Art und Weise, wie Maja Lunde die Tagebucheinträge schreibt, ein sehr großer Kritikpunkt. Auch wenn mich der Schreibstil nicht überzeugen kann, finde ich es interessant, wie die Autorin den Lockdown in Norwegen empfunden hat. Sie schreibt über den Kontrollverlust und über das Gefühl der Machtlosigkeit, wenn man zum Beispiel Risikopatienten oder infizierte Familienmitglieder und Freude auf einmal nicht mehr besuchen kann. Ängste und Sorgen tauchen plötzlich mit den einhergehenden Problematiken auf, die es jetzt zu überwinden gilt. Man möchte nur das Beste, aber was ist in diesem Fall das Beste? In diesem Punkt kann ich mich in den aufgeschriebenen Gedanken der Autorin auf jeden Fall wiederfinden und ich finde es bemerkenswert, dass man so persönliche Gedanken mit der Leserschaft teilt.

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