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mrstrikehardt

Posted on 19.10.2020

Als ich vor Jahren einmal mit den Aufzeichnungen angefangen habe, war ich elektrisiert von den konkreten Beschreibungen der Verelendung und der Verstädterung Paris sowie den dabei gemachten Empfindungen des Malte Laurids Brigge. Nach ca. 100 Seiten gab ich jedoch auf - der Kopf schwirrte mir und ich verstand immer weniger. Nun ein erneuter Anlauf. Ich habe durchgehalten und bin froh darüber. Das „Prosabuch“ ist grob in drei Teile geordnet: 1. Geschehnisse und Erlebnisse in Paris 2. Kindheitserinnerungen in Dänemark 3. Evokation von antiken Mythen, historischen Begebenheiten (Hundertjährige Krieg) und Geschichten. Was alle 71 Aufzeichnungen miteinander verbindet ist die gespenstische Atmosphäre. Sei es die Straßenbahn, die durch Maltes Zimmer des Nachts hindurchfährt. Oder sei es der letzte Wunsch des toten Vater, einen Herzstich zu bekommen, um auf Nummer sicherzugehen. Mein Leseeindruck von damals hat sich gefestigt - ich verstand dieses Mal mehr (definitiv nicht alles), wobei der dritte Teil am unzulänglichsten ist, aufgrund der vielen geschichtlichen Verweise. Unabhängig davon liest sich der Teil auch am sperrigsten, weil das Konkrete dem Abstrakten oft Platz machen muss. Die ersten beiden Teile sind ausnahmslos zu empfehlen. Der Umgang mit Sprache, die Verdichtung und Präzision, ist erschreckend, stellenweise beängstigend. Nicht umsonst hat Friedrich Kittler von Fieberträumen eines Kindes gesprochen (in "Die Zeit der anderen Auslegung").

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