inavainohullu
CLEANLAND ist mir ganz unerwartet und spontan ins Auge gefallen und genau so habe ich auch danach gegriffen und mich vom Autor in eine Welt ziehen lassen, die erschreckend reale Züge hat. Denn in CLEANLAND geht es um die Welt nach der "großen Pandemie". Die 15-jährige Schilo wächst damit auf, dass ein Controller ihr alltäglicher Begleiter ist. Das kleine Gerät speichert all ihre Daten, gesundheitlichen Werte, ihre Aufenthaltsorte, einfach ALLES, auf. Sie muss permanent einen Schutzanzug tragen, sobald sie das Haus verlässt, der Protector genannt wird. Nachts kommen die Cleaner, die jede Wohnung von oben bis unten desinfizieren und überhaupt steht Gesundheit an allererster Stelle, bei ALLEM. Cleanland ist so steril, wie ein Land nur sein kann. Risiko"patienten", wie etwa ihre Oma werden in den Wohnungen isoliert, leben in sogenannten "Räumen der Einsicht", die mehr oder weniger versiegelt sind. Schilo kennt es nicht anders und fügt sich somit dem System, doch als sie eines nachts aus einem Traum aufschreckt und ihren neuen Cleaner Toko, nicht viel älter als sie selbst, kennen lernt, kommt ihre Welt ins Wanken. Denn in CLEANLAND könnten sie sich niemals wirklich kennenlernen, verlieben, nicht einmal treffen. Und das bringt Schilo ins Grübeln. Dieser Jugendroman, der nicht nur junge Leser*innen ansprechen dürfte, ist so brandaktuell, dass es fast ein bisschen gruselig ist. Denn wenn wir die aktuelle Situation mal viel weiter in die Zukunft denken, dann könnten zumindest manche Ideen, die der Autor hier aufs Tableau bringt, durchaus wahr werden. Und das wäre in meinen Augen bedenklich, denn natürlich hat jedes noch so gut gemeinte System auch immer Schattenseiten und die werden Schilo im Verlauf der Geschichte immer deutlicher bewusst. Spätestens dann, als ihre beste Freundin plötzlich verschwindet. Ich mochte den klaren Schreibstil des Autors, die Spannung die im letzten Drittel des Buches aufwallt, ebenso wie die ganz zarte Liebesgeschichte, die sich da zwischen Toko und Schilo anbahnt. Martin Schäuble weiß aber vor allem mit seinem Szenario zu fesseln und so bin ich förmlich durch die 208 Seiten gerauscht. Ein bisschen unglücklich bin ich mit dem Ende der Geschichte. Der Autor lässt hier sehr viel Raum für eigene Interpretationen in Bezug auf die Zukunft der Charaktere und auch auf Cleanland. Einerseits finde ich das gut, denn es bietet reichlich Diskussionsstoff, wenn man sich mit anderen Lesern austauscht oder vielleicht sogar mit Schulklassen liest, was ich tatsächlich empfehlen würde. Andererseits macht mich so ein Ende aber auch immer ein bisschen ratlos und stellt mich nicht hundertprozentig zufrieden. Deshalb ziehe ich auch einen Cupcake ab. Ansonsten: absolut top, spannend und zeitgemäß !