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stephanienicol

Posted on 13.10.2020

“All about a Girl” erzählt die Geschichte der 14-jährigen Johanna Morrigan, die gemeinsam im Jahr 1990 mit ihren Eltern und vier Geschwistern in einer Sozialsiedlung in Wolverhampton lebt. Johannas Vater träumt seit zwanzig Jahren von einer Musikerkarriere und hat die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben. Eine Arbeit hat er nicht, die gesamte Familie lebt von diversen Sozialleistungen. Die Mutter hingegen leidet an einer Wochenbettdepression, nachdem sie überraschend Zwillinge geboren hat – die Schwangerschaft hatte sie ungewöhnlich lange verdrängt. Johanna selbst träumt davon, endlich geküsst zu werden und entjungfert zu werden. Darum beschließt sie eines Tages, dass sie Musikkritikerin werden möchte – und so erfindet sie sich gänzlich neu und macht sich dran, ihr Ziel zu verwirklichen. Wie die Autorin am Ende ihres Romans nochmals explizit betont, ist die Geschichte von Johanna rein fiktiv. Schaut man sich aber Morans Lebenslauf an, kommt man nicht umhin, die ein oder andere Parallele zu entdecken. Ob Johanna eine normale 14-jährige und authentische Protagonistin ist, kann ich nach der Lektüre aber ehrlich gesagt so gar nicht entscheiden. Zumindest habe ich ein etwas anderes Bild von typischen 14-jährigen Mädchen. Johanna dagegen beschäftigt sich unfassbar viel mit Sex und ihrem Selbstbild. Sie hat eine recht derbe Ausdrucksweise, eine große Klappe und macht im Grunde genau das, was ihre gerade in den Sinn kommt. Dass ihre Familienverhältnisse nicht unbedingt die besten sind, trägt zu solch einem Verhalten natürlich bei – schließlich muss sie sich als Mittelkind zwischen ihren Geschwistern behaupten und ihre Eltern beachten sie so gut wie gar nicht. Hinzu kommt, dass Johannas Geschichte in den 90ern spielt, in einer eher nicht-attraktiven Stadt in England. Sobald Johanna mit ihrer Wandlung zu Dolly Wilde – ihrem frisch ausgesuchten Pseudonym – beginnt, wurde es für mich persönlich auch schon ein wenig zu außergewöhnlich. Dass man sich als Teenager plötzlich völlig neu erfindet, ist nichts allzu Neues und absolut nachvollziehbar. Nicht so recht nachvollziehen konnte ich allerdings, wie man mit nur 16 Jahren Kritiken für ein Musikmagazin – das D&ME – verfassen kann und auf Rockkonzerte nach London fahren und gehen, für ein Interview nach Dublin fliegen darf. Und dabei von den erwachsenen Musikern, Presse-Leuten, etc. als völlig gleichwertig behandelt wird – mitsamt dem Konsum von Alkohol und diversen Kneipentouren. Einerseits sehe ich es ein, dass das vielleicht sogar damals nichts Ungewöhnliches war – andererseits entspricht es einfach nicht meiner Vorstellung, auch nicht meinen Erwartungen. An sich ist “All About a Girl” eine recht unterhaltsame Geschichte, mich konnte sie jedoch nicht vollkommen überzeugen. Für meinen Geschmack war die chaotische Handlung um Johanna schlichtweg eine Spur zu trashig, zu Möchte-Gern-Rockstar. Wer so etwas aber mag, sollte sich Dolly Wilde nicht entgehen lassen.

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