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Kerstin

Posted on 13.10.2020

Ich bin seit langem ein Fan von Taiyo Matsumoto, auch wenn noch ein paar Titel darauf warten, in mein Regal zu ziehen. In Deutschland dürfte er aber wohl vor allem den eingefleischten Fans bekannt sein. Sei es durch Tekkon Kinkreet oder aber eben Ping Pong, die ja beide als Anime umgesetzt wurden. Sunny wollte ich mir schon so lange kaufen, da die US-Version ein wenig mehr kostet, hat es aber lange gedauert. Zum Glück, könnte man wohl sagen, denn nun komme ich in den Genuss der Deutschen. Ich vermisse zwar das Hardcover vom US-Release, aber bin ganz ehrlich: Carlsen hat dennoch einen guten Job gemacht. Ich mag auch die deutsche Edition. Sunny spielt in den 1970er Jahren und dreht sich um eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die im Kinderheim Star Kids ihr Zuhause haben. Allen gemeinsam ist ihr Zufluchtsort, das Wrack eines Nissan Sunnys 1200, in den sie sich zurückziehen, um ihre Ruhe vor den Erwachsenen zu haben, oder aber um sich in ihre Fantasien zu flüchten und in den Gedanken ihnen ferne Orte zu bereisen. Im ersten Band bekommen wir zudem keine durchgehende Handlung, sondern vielmehr kleinere Episoden, die jeweils auf einen bestimmten Charakter in den Fokus rücken. Die Episoden sind dabei alltäglich und wirken zuweilen schon fast pragmatisch, dennoch aber keinesfalls langweilig. Matsumoto greift nicht auf großes Drama zurück, sondern scheint in der Realität, dem Hier-und-Jetzt zu verbleiben. Er nutzt alltägliche Situationen und Momente für seine Erzählung, zudem schwebt eine eigenartige Atmosphäre über den Geschichten. Auch wenn sie nie groß in die Tiefe gehen, hat man dennoch das Gefühl, die Kinder mit jeder Seite besser kennenzulernen. Besonders sichtbar ist das in diesem Band eben an Haruo, der zunächst unkontrollierbar und grob erscheint, dann aber immer mehr Facetten bekommt. Nach und nach wird dem Leser ein ganz anderer Haruo gezeigt. Nicht nur auf Ebene der Story, sondern auch mit seinem Zeichenstil kann sich Taiyo Matsumoto absetzen. Der Stil ist eigenwillig, weniger perfektionistisch und dürfte bei manchen Mainstream-Leser auf Ablehnung stoßen, passt aber perfekt zu den Charakteren und der Geschichte. Insgesamt ist Sunny eine unschuldige, pragmatische, aber zugleich auf ihre Art mitreißende Reihe. Es ist ein Manga, von denen man auf dem deutschen Markt keinen finden wird, der diese Thematik so gekonnt aufgreift. Für mich ist Sunny ein echter Geheimtipp für alle, die gerne neben dem Mainstream lesen und keinen perfekten, runden Zeichenstil für ihr Lesevergnügen brauchen.

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