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Lena 🌻

Posted on 12.10.2020

VORWORT: In dieser Rezension garantiere ich nicht für Spoilerfreiheit. Diejenigen, die jetzt sofort wegklicken wollen, bitte ich aber, auch ohne Lesen dieser Rezension dem Buch eine Chance zu geben, auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick nicht den eigenen Geschmack zu treffen scheint. Dieses Buch ist viel mehr, als es vorgibt zu sein. Und ich finde, jeder sollte es gelesen haben!! Aber nun zu meiner Rezension: MEINE REZENSION [Achtung, Spoiler!!]: Das Hörbuch habe ich schon Anfang Juli begonnen, es konnte mich sofort überzeugen, und ohne das ich wusste worum es geht, habe ich mir das Buch bestellt. Ich hatte mal wieder so eine Ahnung, und, oh verdammt, sie hatte so Recht. Aber alle, die jetzt eine leichte süße Liebesgeschichte erwarten, muss ich leider enttäuschen. Auch mir wurde erst im Laufe des Buches klar, worum es wirklich geht, nämlich um so viel mehr als nur Liebe. Und was passiert, wenn die Person, die man am meisten liebt, sich als die Person entpuppt, die einen am meisten verletzt… Das Buch hat mich sehr mitgenommen, ich habe gelitten, gebangt und war total gefesselt an Colleen Hoovers Worte. Aber vor allem hat es mir die Augen geöffnet und ich habe das Thema „Häusliche Gewalt“ aus einer komplett anderen Perspektive gesehen. Ich möchte außerdem noch kurz anmerken, dass dies keine gewöhnliche, objektive Rezension sein wird, denn dazu ist mir das Buch viel zu sehr unter die Haut gegangen. SCHREIBSTIL: Beginnen wir erst mal mit dem Schreibstil. Ich habe bis jetzt erst zwei Bücher von Colleen Hoover gelesen. (Ich gebe zu, noch vor zwei Jahren hätte man mich vermutlich dazu zwingen müssen, aber Gott, bin ich froh, eines Besseren belehrt worden zu sein!) Auch in diesen Büchern konnte sie mich mit ihrem Schreibstil schon überzeugen, der unfassbar vielseitig und wandelbar ist. Doch in diesem Buch ist sie wirklich in Bestform! Sie schafft es, den Leser die Welt exakt aus Lilys Augen sehen zu lassen. Wenn sie sich verliebt, verliebte ich mich mit ihr. Brach ihr Herz, brach meins mit. Die Entwicklung der Geschichte hat mich genauso geschockt wie sie, obwohl ich es nach einiger Zeit bereits ahnte… Außerdem ist das Buch wahnsinnig fesselnd, ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen! Ich habe so mit Lily mitgefühlt und bei jeder drohenden Gefahr die Luft mit ihr angehalten… Der Aufbau der Geschichte hat mir auch sehr gut gefallen, denn durch ihre Tagebucheinträge konnte man ihre Vergangenheit sehr gut nachvollziehen und auch das hat mich sehr mitgenommen. CHARAKTERE: Lily ist eine sehr starke junge Frau, sie weiß, was sie will, und verwirklicht ihren Traum eines eigenen Blumenladens. Durch ihre Vergangenheit, in der das Familienleben von Gewalt geprägt war, weiß sie auch genau, was sie nicht will und diese Zeit hat tiefe Spuren bei ihr hinterlassen. Doch mit der Zeit merkt sie, dass man sehr schnell in einer ungesunden Beziehung landen kann und versteht nach und nach die komplexe Problematik einer/s Betroffenen. Ich muss zugeben, als ich noch jünger war und in Kontakt mit dem Thema Gewalt gegenüber Frauen kam, sei es häusliche Gewalt oder sexuelle Übergriffe in der Öffentlichkeit, habe ich mich immer gefragt, wie die Betroffenen schweigen können. Warum sie nichts sagen. Mit der Zeit habe ich die komplexe Problematik immer mehr verstanden und konnte mich besser in die Betroffenen hineinversetzten. (Auch in „Never Doubt“ wird das sehr deutlich!) Lily denkt anfangs genauso. Doch als sie sich schließlich in der gleichen Situation wiederfindet, in der ihre Mutter einst steckte, merkt sie, wie falsch sie lag. Auch mir wurde durch die Nähe zur Handlung, die Colleen Hoover schafft, das nochmal sehr deutlich und ich habe Lilys Zerrissenheit und Verzweiflung richtig gespürt. Und ich wusste auch nicht, was ich an ihrer Stelle tun würde. Mir ist eine Passage besonders in Erinnerung geblieben: „Es ist echt traurig, dass wir so etwas als Erstes denken, wenn wir erfahren, dass jemand in einer Beziehung misshandelt wird und trotzdem nicht geht. Müssten wir nicht viel mehr Verachtung für denjenigen empfinden, der weiterhin misshandelt, als für denjenigen, der weiterhin liebt?“ (S. 311) Ich finde, das beschreibt die Problematik total gut, denn die Gesellschaft sucht dadurch die Schuld beim Opfer, statt beim Täter. Lily macht im Buch aber eine unglaubliche Entwicklung durch, sie bewahrt ihre Stärke und Überzeugung und steht für sich selbst ein. Ihr Erlebnis hat nicht nur mir, sondern auch ihr selbst die Augen geöffnet und dadurch ihr Verhältnis zu ihrer Mutter, das schon die ganze Zeit über sehr liebevoll war, auf eine vollkommen andere Stufe gehoben. Das hat mich wirklich zu Tränen gerührt. Colleen Hoover gelingt die Gestaltung des männlichen Protagonisten Ryle außerordentlich gut. Sowohl Lily, als auch ich haben uns von seinen guten Seiten blenden lassen. Gleichzeitig wird dadurch auch deutlich gemacht, an was sich viele Opfer von häuslicher Gewalt festhalten: Den guten Seiten. Ich fand es sehr schlimm, mitanzusehen, wie toxisch die Beziehung wurde, besonders, als Ryle sich danach immer so verzweifelt entschuldigt hat und durch seine Liebe Lily von sich abhängig machen wollte. Im krassen Gegensatz zu Ryle stand Atlas, Lilys Jungendliebe, der genau weiß, was sich damals in ihren eigenen vier Wänden abspielte. Er versucht immer, ihr zu helfen, auch wenn das nicht immer einfach ist, vor allem nicht in der Leugnungsphase. Doch für mich war es total schön zu lesen, wie gesund und richtig ihre Liebe ist, verglichen mit der toxischen Beziehung zu Ryle. Anzeichen dieser toxischen Beziehung zeigen sich auch schon relativ am Anfang, wenn man nicht die Augen davor verschließt. Und das hat mich auch sehr getroffen: Wie schnell man über die Warnhinweise hinwegsieht. Auch Alyssa, Ryles Schwester und gleichzeitig Lilys beste Freundin hat mich sehr beeindruckt, den obwohl man meinen würde, sie wäre parteiisch, hält sie immer zu Lily und will nur das Beste für sie: „Als seine Schwester wünsche ich ihm aus ganzem Herzen, dass du einen Weg findest, ihm zu verzeihen. […] Aber als beste Freundin muss ich dir sagen, dass ich nie wieder ein Wort mit dir rede, falls du ihn, nach dem was passiert ist, noch mal zurücknimmst.“ (S. 345) FAZIT: Dieses Buch hat mir wirklich die Augen geöffnet und mir einmal mehr bewiesen, dass die Welt nicht in schwarz und weiß zu unterteilen ist. Viel zu oft hat man als nicht betroffene Person Vorurteile, denn man kann sich einfach nicht vorstellen, was für ein unglaubliches Leid diese Menschen ertragen müssen. Colleen Hoover schafft es, die Problematik so nah an den Leser heranzubringen, dass dieser automatisch Lilys Geschichte mit durchlebt und sich dieselben Fragen stellt wie sie. Dadurch wird der Leser für dieses Thema sensibilisiert und Vorurteile (hoffentlich!) aus der Welt geschafft. Denn das ist unglaublich wichtig. Wir müssen den Betroffenen Beistand leisten, anstatt sie zu verurteilen. Für mich ein absolutes 5 Sterne Buch, Jahreshighlight und Must Read!

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