Antonie
Das "Nightmare Alley"bereits 74 Jahre auf dem Buckel hat, merkte ich während des Lesens kein einziges Mal - William L. Gresham ( bzw. die Übersetzung von Christian Veit Eschenfelder u. Anja Heidböhmer ) schaffte es mit einer Leichtigkeit, mich in seine Erzählung einzusaugen und dort etliche Seiten lang festzuhalten .. genau genommen über 500 Seiten. Die Ernüchterung folgte relativ schnell, denn aufgrund des Covers und der Beschreibung hatte ich im Vorfeld gedacht, die Handlung würde sich rund um einen Jahrmarkt und seiner Attraktionen bewegen, doch dies ist nicht durchgehend der Fall. Unser HauptprotagonistStanton Carlisle ist ein Haudegen sondergleichen, eine unruhige Seele mit der wir im Laufe der Geschichte einige Überraschungen erleben und selten lange an einem Ort verweilen. Während wir also Stantons Leben begleiten, entwickelt sich der kleine unsichere Junge zu einem forschen, selbstsicheren Mann, der sich der Kunst der Illusion und Geisterbeschwörung verschrieben hat - meist zu seinen eigenen Gunsten ausgelegt und immer mit einem Auge auf der Suche nach dem großen Geld und einer Bühne, die seinem Ego gerecht wird. Besonders gut gefallen haben mir die Kapitelanfänge, die jeweils eine Tarotkarte und ihre Bedeutung zeigen und dabei auch noch passend zur Stimmung des folgenden Kapitels ausgesucht wurden - wirklich eine außerordentlich spannende Idee und grandiose Umsetzung! ( siehe Bild oben ) Auch wenn Stanton nicht immer ein Sympathieträger war, seine kruden Geschäftsideen unzweifelhaft illegal waren und sein Umgang mit ihm nahe stehenden Personen rüpelhaft und wenig einfühlsam war, so habe ich doch mit ihm mitgefiebert, wo sein Lebenswandel ihn wohl so hintreiben würde. Den ein oder anderen blinden Punkt, welchen ich nicht ganz verstanden habe, hatte auch diese Geschichte in sich, aber es waren zum Glück keine entscheidenden Wendungen innerhalb der Handlung, sodass ich es gut verschmerzen konnte. Der Grusel kam in "Nightmare Alley" ziemlich kurz, war die meiste Zeit kaum vorhanden und trotzdem fühlte ich mich nach Beenden des Buches nicht darum betrogen. Denn wenn man Stantons Leben genau betrachtet zum Schluss,lag der Horror eben exakt dort vergraben und schimmerte zwischen den Zeilen und in den Grausamkeiten, die er in seiner Jugend erleben musste, immer wieder hindurch. Mein Fazit: Eine düstere Geschichte, die einem selbst oft wie eine große Illusion vorkommt und welche die Leser in ein skrupellose Zeit entführt, einen hinter die Kulissen blicken lässt und mit vielen kleinen Besonderheiten aufwartet. Auch wenn ganz anders als vermutet, so konnte mich die Handlung schlussendlich doch von sich überzeugen und 500 Seiten lang am Lesen halten - wenn auch mit dem ein oder anderen Verwirrtheitsmoment. Ich vergebe *~3 ( von 5 ) Sterne~*