Antonie
Wenn Shirley Jackson eines schafft, dann ist es eine dichte Atmosphäre zu schaffen, die von ihren Charakteren und deren Eigenheiten bestimmt wird. Die Handlung an sich, die Erzählweise und das was passiert, passiert ganz unaufgeregt und fast unbemerkt, doch je weiter ich in dem Buch voran schritt, umso mehr packte mich das kalte Grauen. Wir begleiten zwei Schwestern, welche mit ihrem Onkel in einem herrschaftlichen Haus leben und sich von dem Rest der Dorfgemeinschaft abschotten und distanzieren, denn ein Unglück vor vielen Jahren innerhalb der Familie trieb einen großen Keil in diese Gesellschaft und brandmarkte die Schwestern auf grausame Weise. Seitdem sind sie Gespött, Schikanen und Beschimpfungen ausgesetzt, welche sie in die Einsamkeit ihres Hauses treiben. Doch dann taucht eines Tages ihr entfernter Cousin Charles auf und versucht, die beiden Schwestern gegeneinander auszuspielen. Ich konnte mir dieses ganze Szenario vor meinem inneren Auge bildlich vorstellen, denn wer einmal in einer kleinen Gemeinde gelebt hat, in der jeder jeden kennt, der weiß wie leicht und schnell so eine Stigmatisierung und Ausgrenzung von einzelnen Personen passieren kann - damals wie heute, wenn auch aus den unterschiedlichsten Gründen. Die Grausamkeiten, welche die beiden Schwestern umhüllt, verdichten sich im Laufe der Handlung und enden in einem fulminanten Knall, bei dem ich einen dicken Kloß im Hals hatte während dem Lesen. Der wahre Horror sind dann doch oft die Menschen selbst, die gedankenlos, grausam und unüberlegt auf andere Menschen einhackenund glauben, sie wären im Recht damit - schrecklich, mehr kann ich dazu gar nicht schreiben. Der Schluss endet recht offen, einige Fragen sind gegen Ende mehr oder weniger zwischen den Zeilen beantwortet und doch konnte ich meinen Frieden mit der Geschichte finden, denn es passte zu der ganzen Atmosphäre, zu den Charakteren und dem vorhergehenden Verlauf der Handlung. Wenn dies so stimmig abschließt, dann muss für mich nicht zu 100 Prozent alles aufgelöst worden sein und genau dieses Gefühl hatte ich hier. Mein Fazit: Eine ganz eigene Geschichte, die von ihren Charakteren und der Grausamkeit der Menschen lebt und atmet - der Horror liegt mal wieder zwischen den Buchdeckeln verborgen und kommt träge, aber schleichend zu Tage und umhüllt die Leser*in mit seiner düsteren Atmosphäre. Ich vergebe *~5 ( von 5 ) Punkte~*