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Nancy

Posted on 7.10.2020

Kernstaub - über den Staub an Schmetterlingsflügeln. Bei dem Titel kann man sich auf den Inhalt keinen sehr großen Reim machen und auch die Inhaltsangabe lässt mehr Fragen offen, als sie erklärt. Um eins voranzustellen: auf wenn das Buch sehr dick ist und knapp 1000 Seiten schon etwas abschreckend wirken, kann ich nur jedem empfehlen, es zu lesen. Zum Inhalt: Mara und Juan wachsen 2010 als ganz normale Teenager auf. Durch verschiedene Geschehnisse landen sie zusammen mit Glen im Jahr 2638. Die Welt ist nach vier Weltkriegen zerstört und die Menschheit sieht sich mit dem Problem konfrontiert, dass die Welt ihrem Ende zugeht. Nun bekommen Mara und Juan endlich Antworten auf ihre vielen Fragen. Sie, die eigentlich den ewigen Namen Ngaja trägt und Juan, eigentlich A'en, haben eine gemeinsame (Liebes-)Geschichte. Sie ist der Kernstaub und er die Anomalie, der sie eigentlich töten soll. Nun wird der Leser in die Geschichte des Kerns, des Systems und der Problematik mit dem Kernstaub eingeführt. Im Laufe der Geschichte kommen immer mehr Details ans Licht, sodass sich das Kern-Universum immer mehr verdichtet und mehr und mehr Zusammenhänge klar werden. Auch der Bezug zum Titel stellt sich dann sehr schön da. Doch warum sollte Ngaja, der Kernstaub, einer Welt helfen, die sie zerstören, sie töten will – für eine Welt, die ihr nie eine Chance gegeben hat? Zum Aufbau: Die Geschichte besteht neben der Realität aus Flashbacks. Entweder aus der Vergangenheit von Ngaja und A'en oder von der Menschheit zwischen dem dritten und vierten Weltkrieg. Jedes Kapitel ist überschrieben mit „Sprüchen“. Meine Meinung: Das Kernstaub-Universum ist eine komplexe, eigene Fantasy-Welt für sich. Gleichzeitig ist es aber auch eine sehr schöne Dystopie. Die Geschichte passt in kein Genre, schneidet von allem etwas an. Eine perfekte Mischung. Was mir am meisten gefallen hat? Ich würde sagen, die Entwicklung, die die Figuren durchmachen. Besonders der Kernstaub: von der ängstlichen Mara über die schnippische Ngaja bis hin zum Kernstaub. Sie findet ihr wahres Ich, nur um es dann wieder zu verlieren. Juan/A'en macht nicht eine ganz so starke Entwicklung durch, aber auch er ist eine sehr starke Figur, die mit ihren eigenen Erinnerungen und dem Schmerz zu kämpfen hat und um Verständnis wirbt für seine Taten. Auch wenn die beiden die Hauptfiguren der Geschichten sind, kommen die anderen nicht zu kurz. Jeder Mensch in dieser Geschichte hat eine einzigartige Tiefe, die ihn für den Leser greifbar macht. Meine Lieblingsfigur neben Ngaja war Glen. Seine Geschichte dürften wir durch die Zeit hindurch verfolgen – wenn auch nicht von Anfang an wie bei Ngja und A'en. Viele Fragen bleiben offen oder werden nur zum Bruchteil enthüllt. Seine Figur hat etwas Tragisches an sich, dem er nicht entkommen kann, auch wenn er es versucht. Allerdings muss ich auch sagen, dass es kein Buch ist, welches man mit einem Rutsch mal durchlesen kann. Durch seine Komplexität muss man es einfach mal beiseitelegen, das Geschehene Revue passieren lassen um dann wieder einzusteigen. Es ist eines dieser Bücher, die – wenn man sie ein zweites Mal liest – noch viel schöner und größer werden, da man die Hintergründe kennt und die Figuren aus einem ganz anderen Winkel sehen kann – jetzt wo man weiß, wie sie sich entwickeln und wie ihre Vergangenheit aussieht. Maries Schreibstil ist einzigartig und das macht auch das Kernstaub-Universum so einzigartig. Ihre Beschreibungen gehen über das bildhafte und das sichtbare hinaus. Es ist schwer, es zu beschreiben, also lest es am besten einfach selber ;)

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