Susanne Matiaschek
Auf “Porzellankind” bin ich eher zufällig aufmerksam geworden. Schon der Klappentext hat mich etwas verstört und doch ist es nichts ,im Vergleich zu der Geschichte, die uns hier erwartet. Myriane Angelowskie hat einen enorm packenden und eindringlichen Schreibstil, der sofort unter die Haut geht. Diese Story dreht sich um Ellis. Und allein wenn ich an sie denke, erschüttert es mich immer wieder. Ich finde keine Worte, für das tiefe Leid, die unglaublich große Tragik, die dieses Mädchen erleiden muss. Tag für Tag. Jede einzelne Minute ihres Lebens. Ich hab sie kennengelernt. In jeder Facette ihres Lebens. Losgelöst, heiter, glücklich, traurig, wütend, haltlos. Ein kleiner Körper der sich immer mehr verschließt, um all diese Pein ertragen zu können. Wie kann ein Mensch so etwas überhaupt ertragen? Ich kann es nicht begreifen, geschweige denn verstehen. Was uns hier begegnet, ist absolute Kälte, Niedertracht und Empathielosigkeit. Es ist keine Willkür. Desinteresse trifft es wohl eher und das macht mich so unfassbar wütend und sprachlos zugleich. Wie kann man mit dieser Schuld leben? Wie mit sich selbst im reinen sein? Myriane Angelowski schreibt hier über Misshandlung der schlimmsten Form. Für Außenstehende unsichtbar. Im Herzen zersplittert es immer mehr. Furcht, Angst, Unverständnis. Mich hat diese Geschichte keinen Moment losgelassen. Zu schwer wiegt sie, zu intensiv ,zu erschütternd und grausam. Worte können verletzen. Gesten noch mehr. Aber dieses Nichts kann unwiderruflich zerstören. Als Erwachsene kann man es vielleicht ertragen. Als Kind ,völlig unmöglich. Wie sehr sehnt man sich nach Liebe und Geborgenheit? Doch davon findet man hier bestenfalls eine Illusion. Die Autorin macht hier sehr eindringlich und ungeschönt klar, welche Stufen der Traumen ein Mensch durchlebt und wie er darauf reagiert. Dabei wechseln die Kapitel immer in “Davor” und ” Danach”. Etwas schwierig fand ich die Zeitsprünge. Ebenso aus wessen Perspektive, wir alles geschildert bekommen. Das wurde erst nach und nach ersichtlich. Anfangs hat mich die ruhige und dennoch unglaublich schwere und zerstörerische Atmosphäre absolut niedergerungen. Dennoch passt sie einfach perfekt zu dieser Geschichte. Die Autorin schildert alles sehr plastisch, melancholisch und manchmal auch poetisch, dass ich komplett in den Bann gezogen wurde. Es ist keine Geschichte, die vor Tempo nur so strotzt. Aber das muss sie auch nicht. Dafür punktet sie mit extrem gut ausgearbeiteten Charakteren, die beschäftigen und unter die Haut gehen. Die jeden Tag kämpfen, mit Leben gefüllt sind und einfach authentisch und so unglaublich gut greifbar sind. Besonders Ellis und auch Teresa sind mir unglaublich ans Herz gewachsen. Als Leser, geht man mit Ihnen eine Verbindung ein, die so tief und unglaublich stark ist. Ich habe so unglaublich mit Ihnen gefühlt , es hat mich jedes Mal ein bisschen mehr zerstört, bei dem was hier geschah. Ein bisschen mehr Tiefgründigkeit hätte ich mir jedoch bei Ellis’ Mutter gewünscht. Denn sie blieb mir seltsam fremd. Interessanterweise ist diese Story nicht mit Emotionen überflutet. Aber man selbst, lebt diese Emotionen umso mehr aus. Vieles ergibt am Anfang überhaupt keinen Sinn und ich hab mich immer wieder gefragt, warum sich Ellis nicht endlich löst von ihrer Vergangenheit. Die schreckliche Wahrheit ist, man kann es einfach nicht. Es ist wie eine Strafe, die man sich selbst auferlegt und dabei zugrunde geht. Man erfährt immer mehr Details aus ihrem Leben und sieht, wie sie sich immer mehr verändert und abkapselt. Als der große Knoten platzt, kommt es einem tödlichen Schlag gleich. Die Eskalation ist unumgänglich und fordert ihren Tribut, mit einer Leidenschaft und Intensität, die Dämme brechen lässt. Ich muss dieses Buch jedem ans Herz legen. Myriane Angelowski schreibt nicht nur sehr wortgewandt und bildhaft. Sie spricht hier ein Tabu Thema an, dass viel mehr erörtert werden sollte. Ja, es ist schrecklich und absolut grausam. Die psychologischen Aspekte dahinter unaussprechlich. Aber es muss darüber gesprochen werden. Vielleicht ändert sich dadurch etwas. Denn diese Stimmen brauchen Gehör,damit sie nicht vollends zerstört und begraben werden. Ein Roman voller Fülle und Intensität, der meine Gedanken niemals verlassen wird. Fazit: Myriane Angelowski gelingt mit “Porzellankind” eine traumatische und verstörende Geschichte, die mich absolut erschüttert und innerlich zerstört hat. Wieviel kann ein Kind ertragen, bevor es endgültig den Boden unter den Füßen verliert? Grausam, perfide und tragend. Eine Geschichte, die dich absolut in ihren Bann ziehen wird. Die Autorin schreibt hier klar und ungeschönt über Misshandlung der schlimmsten Form. Sicher keine leichte Thematik. Aber definitiv eine, die gehört werden muss. Nur so bekommt sie vielleicht Stimmen, damit sich etwas ändert.