Geistesgift
Ich tue mich schwer mit Elternratgebern. Irgendwie gehen die immer von Verhaltensweisen und Problemen aus, die ich an meinem Kind nicht oder nur in sehr abgewandelter Form beobachten kann. Das fängt bei "ein Baby kann einfach im Tragetuch dabei sein" an – was leider nur funktioniert, wenn Babys Tragetücher überhaupt akzeptieren – und geht bis hin zu all den Ratschlägen, die nur funktionieren, wenn man ein sehr klassischen Lebensentwurf mit Haus, Auto und Großeltern in direkter Nachbarschaft hat. Umso erfrischender fand ich dieses Buch, das gerade keine "Tipps und Tricks" vermitteln will und Kinder und Lebensentwürfe nicht einfach über einen Kamm schert, sondern darauf abzielt, die emotionale und soziale Kompetenz von Eltern dahingehend zu stärken, dass sie mit der rohen, unlogischen, überwältigenden Gefühlswelt eines Kindes zurecht kommen, ohne in toxische Verhaltensmuster zu fallen. Die Autorin beginnt darum nicht bei den Kindern, sondern bei den Eltern. Kompetenz in Hinsicht auf die eigenen Emotionen und Verhaltensmuster zu entwickeln wird hier zum ersten, wenn nicht sogar wichtigsten Schritt auf dem Weg zu einer guten Beziehung mit den eigenen Kindern – denn alles weitere fußt darauf, mit sich und den Kindern ehrlich und mitfühlend zu sein. Dabei bleibt die Autorin selbst immer mitfühlend und wird nie vorwurfsvoll. Viele Fallbeispiele erläutern und demonstrieren die Theorien und ich konnte einiges aus dem Buch mitnehmen. Für Leute, die sich bereits mit Bindungstheorie und gewaltfreier Kommunikation auseinandergesetzt haben, ist wahrscheinlich nicht allzuviel Neues dabei. Ich fand es sehr hilfreich dabei, über mein Verhalten als Elter nachzudenken.