mabuerele
„...Sofern es Ihre eigenen Ferienpläne ermöglichen, könnten Sie bereits am Wochenende meine Gäste sein. So lange Sie wollen...“ Das ist ein Auszug aus der Mail, mit der A. S. Tory den 17jährigen Sid und die 21jährige Chiara zu sich nach London einlädt. Die beiden waren schon zwei Mal an Unternehmungen für A. S. Tory beteiligt. Der alte Herr ist nicht mehr gut auf den Beinen und brauchte Hilfe bei wichtigen Nachforschungen. Die neue Einladung verspricht im heißen Sommer ein paar schöne Urlaubstage. Natürlich kommt manches anders, als die beiden gedacht hatten. Der Autor hat erneut ein spannendes Roadmovie geschrieben. Die Geschichte wird von Sid erzählt. Gleich nach der Ankunft gibt es ein paar Informationen zur letzten Recherche. Am Strand von Camper Sands treffen sie drei deutsche Mädchen. Emily hat den jungen illegalen Flüchtling Laith kennengelernt und trifft sich häufig mit ihm. Ein paar Tage später geht eine Meldung durch die Presse. Emily und Sarah sind verschwunden und auch Laith wird gesucht. Mit Chiara und Sid nehme ich die Suche nach den Verschwundenen auf, die mich nach Brighton, Stonehenge und Cornwell führt. Dabei lerne ich einiges über die jeweilige Gegend und ihre Bräuche. Abwechslungsreiche Gespräche beleben das Geschehen. Eine Spur Sarkasmus darf nicht fehlen. So konstatiert Sid in Stonehenge: „...Also begaben wir uns zur Kasse, zahlten den stattlichen Preis für eine stattliche Wartezeit und ein in der Tat ebenso stattliches Steinmonument...“ Chiara und Sid haben von A. S. Tory eine Aufgabe mit auf den Weg bekommen. Sie sollen sich Gedanken machen, was Freiheit ist. Dieses Thema durchzieht wie ein roter Faden die Geschichte. An einer Stelle muss Chiara eingestehen: „...Freiheit ist auch dazu da, vielleicht Fehler zu machen...“ Aus der Sicht von Laith, dessen Gedanken und Erfahrungen kursiv wiedergegeben werden, hat Freiheit viele Facetten. „...Eigentlich bedeutete für uns jedes andere Land die große Freiheit. [..] Zu leben, wie und wo man will, seine Meinung frei zu äußern […] Aber das Entscheidende war, nicht täglich Angst haben zu müssen...“ Laiths Vater allerdings hat sich den Blick für die Realität bewahrt. Er erkennt, dass die neue Freiheit nur eine geliehene Freiheit ist, eine Freiheit auf Zeit. Der Termin der Abschiebung steht schon fest. Sid und Chiara treffen eine junge Frau, die gut in England integriert ist, ihnen aber klar macht, was ein Leben in Afghanistan wert ist – wenig bis nichts. Natürlich lässt sich Chiara wieder zu ein paar riskanten Unternehmungen hinreißen. Andererseits bewundere ich ihre Fähigkeit, ohne Probleme und Hemmungen auf fremde Menschen zu zugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Chan, der die beiden eine Zeit lang begleitet, hat dagegen eine Menge an Vorurteilen. Natürlich spielt die Musik eine wichtige Rolle. Die Playlist befindet sich am Ende des Buches. Zwei besondere Stilmittel integriert der Autor in die Geschichte. Das ist zum einen Emilys Tagebuch, zum anderen mehrere Zeitungsausschnitte. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt an einem Einzelschicksal, was die Gründe für Flucht sein können und was eine Rückkehr bedeuten würde. Gleichzeitig zwingt es mich als Leser, - wenn ich bereit bin, mich darauf einzulassen - mich mit dem Begriff der Freiheit immer wieder neu auseinander zu setzen.