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buchgespenst

Posted on 26.9.2020

Das schönste Mädchen Wiens, eine antisemitische, egozentrische Vettel oder doch große Muse unvergessener Künstler – wer war Alma Mahler-Werfel? Oliver Hilmes begibt sich auf eine Spurensuche. Bekannte Biografien, Interviews und bisher nicht einzusehende Briefe, Tagebücher und Nachlässe hat er durchforstet, um das Geheimnis dieser nicht greifbaren Frau zu lüften. In dieser Biografie wird entlarvt wie Alma Mahler-Werfel Zeit ihres Lebens versucht hat, sich selbst Bedeutung und Größe zu verleihen. Ein Meisterwerk an Selbstinszenierung, sodass bis heute fraglich bleibt, inwieweit sie tatsächlich als Inspiration für Gustav Mahler, Oskar Kokoschka, Franz Werfel oder Klaus Gropius gesehen werden kann. Die realistische Darstellung von Oliver Hilmes, in Zitaten aus ihren eigenen Tagebüchern und Briefen sowie in Darstellungen der Literaten und Künstler, mit denen sie zu tun hatte, entlarven sie als eine wenig sympathische Frau, die nichts als sich selbst gelten ließ. Sympathie oder Interesse keimt für dieses egozentrische, streitsüchtige und bornierte Weibsbild nicht auf. Das Einzigartige, was mich an diesem Buch fesselte war das Zeitpanorama: eine Frau, aufgewachsen in einer Zeit, in der es für Mädchen nicht einmal angesagt war die Schule zu besuchen – gestorben 1964! Ein Leben mit mehreren geschichtlichen Quantensprüngen. Fast surreal erscheint es wie eine unsympathische und durch und durch banale Frau in Künstlerkreisen verkehrte, Literatursalons organisierte und doch immer wie ein Fremdkörper wirkt. Die Begeisterung für Alma Mahler-Werfel und ihre erotische Wirkung, die mehrfach durch Briefe und Zitate belegt sind, blieb mir in dieser Biografie völlig unverständlich. Sie scheint nur als lebendiger Mensch gewirkt zu haben. Im Nachhinein bleibt vieles unverständlich und für mich bleibt der Eindruck eines zänkischen Weibes, das sich wichtigmacht. Trotzdem zeichnet dieses Buch ein faszinierendes Bild einer Frau, die sich ihren eigenen Mythos geschaffen hat. Interessant, wenn auch ihre Wirkung auf Kunst und Zeitgeschehen nichtig ist.

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