ankasgeblubber
Obwohl ich kein Fan von historischen Romanen bin, habe ich mich an Ismaes Seite unheimlich wohl gefühlt! Ich habe mich an der Seite einer Meuchelmörderin wohl gefühlt? Was ist denn das für eine Aussage? Aber von Anfang an... Die Geschichte der jungen Ismae spielt in der Bretagne des 15. Jahrhunderts. Ismae entkommt nur knapp einer Zwangsheirat mit einem gewaltätigen Schweinebauern und findet Zuflucht im Kloster von St. Mortain. Dort wird sie im Auftragsmord ausgebildet und soll in Mortains Namen mit dem Todesmal gezeichnete Männer töten. Da sie am eigenen Leib erfahren musste, zu was Gewalt und Unterdrückung führen kann, sieht sie sich in ihrer neuen Rolle als "Meuchelmörderin" bestätigt und kann es kaum erwarten, ihren ersten Auftrag auszuführen. "Du bist als ein Klumpen Ton zu uns gekommen, und wir haben dich zu einem Instrument des Todes geformt." S.105 Nach 2 erfolgreichen Aufträgen, wird ihr eine größere Aufgabe zugeteilt. An der Seite des bretonischen Edelmannes Gavriel Duval wird sie in den Bretonischen Hof eingeschleust, um vor Ort politische Gegenspieler auszuschalten. Von einem Tag auf den anderen ist die junge Ismae mittendrin in der prunkvollen Welt des Adels, der Intrigen und der politischen Konflikte. Schon bald steht ihr Spionageauftrag nicht mehr im Vordergrund. Welche Intrigen laufen da gegen die Herzogin der Bretagne? Welche Rolle spielt Duval, den Ismae anfangs abstoßend, nach und nach aber doch anziehend findet? Und was passiert, wenn die junge Meuchelmörderin die Entscheidungen des Klosters plötzlich in Frage stellt? Dieser dicke Schmöker beinhaltet eine spannende Geschichte, ein interessantes, historisches Setting und sticht durch seinen leichten Fantasyeinschlag aus der Masse der historischen Romane hervor. Die einfache, leicht verständliche Sprache ist der eines Jugendbuches angepasst und auch die Erzählperspektive aus der Ich-Form (Ismaes Sicht) ermöglicht einen locker-leichten Lesefluss. Unterstützt wird das flüssige Lesen durch die Untergliederung des Buches in 54 kurze, auffallend meist gleich lange Kapitel (jedes Kapitel hat eine Länge von ca. 10 Seiten). Natürlich wird der Leser mit historischen Hintergrundinformationen versorgt, jedoch in einem ganz angenehmen Maß, sodass für mich zu keinster Zeit gähnende Längen entstanden. Die Autorin gibt ihren Lesern die Möglichkeit, die Protagonisten ausführlich kennen zu lernen, sodass es leicht fällt, Ismaes Gedanken nachzuvollziehen. Ihr Verhalten hat mich immer wieder zum Staunen, hin und wieder auch zum Schmunzeln gebracht. Auf der einen Seite kennt sie hunderte verschiedene Möglichkeiten, gestandene Männer zu töten (und schreckt auch nicht davor zurück, jede einzelne anzuwenden), auf der anderen Seite wird sie niedlich keusch, wenn es darum geht, die Mätresse zu spielen. Schnell ist das unterschwellige Kribbeln zwischen Mortains Tochter und dem bretonischen Edelmann zu spüren. Die zarte, süße Liebesgeschichte, die sich von vornherein anbahnt und der ebenfalls ausreichend Zeit zur Entwicklung gelassen wird, kommt weder überraschend noch wird sie überspitzt dargestellt. Sie kommt ganz ohne übertriebenes Geschmachte und Gesülze aus, was sie noch authentischer und glaubwürdiger macht. Auch hier konnte ich mich beim Lesen ganz wunderbar in Ismae hineinversetzen und ihre aufkeimenden Gefühle, ihre Ängste und ihren Gewissenskonflikt verstehen. "Duvals Anwesenheit ist noch immer im Raum zu spüren wie ein schwacher Anflug von Parfum, und mein Knöchel brennt nach wie vor in Erinnerung an seine Berührung. Ich ertappe mich bei dem Wunsch nach einer großen, pochenden Prellung stattdessen. damit wüsste ich umzugehen." S. 183 "Ich bete zu Mortain um Einsicht und Klarheit, um das Dickicht der Loyalitäten und Allianzen um mich herum zu durchschauen. Ich bete um Weisheit, Seinen Willen in dieser Angelegenheit zu erkennen. Und vor allem bete ich darum, dass ich mich nicht in Duval verliebe." S. 298 Besonders gut gefallen hat mir das angenehme Lesetempo. Ich hatte weder das Gefühl durch die Seiten zu schleichen, noch durch sie hindurch zu rasen. Lediglich gegen Ende blätterten sich die Seiten ein wenig schneller, was natürlich an der fesselnden Spannung lag. Eigentlich ein rundum perfekter Roman - wäre da nicht das Ende, das mich schließlich einen Bewertungspunkt abziehen lässt. Während sich der fantastische Einschlag bisher im Hintergrund gehalten hatte, taucht er nun sogar in Gestalt auf, was die besagte Situation für mich etwas unglaubwürdig werden ließ. Ebenso die einfache und beinahe schon einfallslose Aufdröselung von Duvals Schicksal, ließ mich enttäuscht aufseufzen. Einen Pluspunkt gibt es schlussendlich noch mal für das abgeschlossene Ende, das viele Fragen beantwortet, aber doch Lust auf eine Fortsetzung macht. Wer also nur mal in diesen Trilogie-Auftakt hineinschnuppern möchte, kann das Buch auch getrost als Einzelband lesen. Für mich war "Grave Mercy. Die Novizin des Todes" mein Überraschungsbuch im September! Ich habe es unheimlich gern und mit großer Begeisterung gelesen, obwohl ich eigentlich kein Fan von historischen Romanen bin. Toll ausgearbeitete Haupt- sowie Nebencharaktere (eine Übersicht aller Personen zu Beginn des Buches, ermöglicht zwischendurch eine leichte Hilfestellung beim Zurechtfinden am bretonischen Hof), ein spannender, gut ausgeklügelter Plot und eine wunderbare, historische Zeitreise, machen dieses Buch zu meinem September-Lesehighlight. Gern lege ich euch diesen gelungenen Trilogieauftakt wärmstens ans Herz!