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ankasgeblubber

Posted on 20.9.2020

„Fangirl“ war für mich ein sehr ruhiger und doch fesselnder Coming-of-age Roman, in dem sich die 18-jährige Cath den alltäglichen Herausforderungen des Erwachsenwerdens stellen muss. Bisher waren sie und ihre Zwillingsschwester Wren unzertrennlich. Zusammen mit ihrem Vater bildeten sie ein erfolgreiches Dreiergespann, in dem Cath ein Stück weit die Rolle der Mutter übernommen hat. Die leibliche Mutter hatte die Familie frühzeitig verlassen und spielt seitdem keine Rolle mehr im Leben der Mädchen. Cath hatte immer ein Auge auf ihren Vater, der sich immer mehr in seiner Arbeit zu verlieren drohte, und schmiss mit Leichtigkeit den Haushalt. Zu Beginn von „Fangirl“ steht sie, ziemlich verloren, in ihrem neuen Wohnheimzimmer, welches sie sich, wider erwartend nicht mit ihrer engsten Vertrauten Wren, sondern mit einem ihr völlig fremden und auf den ersten Blick ziemlich durchgeknallten Mädchen teilen muss. Sie kann nicht verstehen, warum Wren plötzlich auf Abstand geht und verbarrikadiert sich, auf der Suche nach Geborgenheit, in ihrer eigenen Welt. Cath ist ein waschechtes „Fangirl“. Aus ihrer Liebe zu den fiktiven Romanen rund um den sympathischen Zauberlehrling Simon Snow macht sie keinen Hehl – ganz im Gegenteil. Im Internet hat sie diese Leidenschaft sogar berühmt gemacht, denn Cath schreibt Fanfictions, ausgedachte Geschichten, die zwar in der Kulisse der Bücher spielen und von deren Charakteren handeln, jedoch von ihr frei erfunden sind. So schubst sie lieber den jungen Zauberlehrling von einem Abenteuer ins nächste, als sich selbst ihren Ängsten stellen zu müssen. Was genau Simon Snow erlebt, das durften nicht nur Caths Online-Fans, sondern auch ich nachlesen, denn immer wieder fügt Rainbow Rowell kurze Passagen von Caths Fanfiction ein. Doch es nützt ja nichts, irgendwann muss Cath doch ihr kleines Wohnheimzimmer verlassen und sich dem viel zu realen College-Alltag stellen. So lernt sie nicht nur ihre extrem laute Mitbewohnerin Reagan besser kennen, sondern auch deren Freund Levi sowie einen Mit-Studenten, mit dem sie sogar die Leidenschaft für Kreatives Schreiben teilt. Obwohl es Cath immer wieder zurück in ihre Zaubererwelt zieht, konnte ich beobachten, wie sich das introvertierte Mädchen immer mehr ihrem Umfeld öffnet, jedoch ohne sich selbst (oder Simon Snow) dabei untreu zu werden. Nicht nur ihr Romanheld muss sich fortan den Herausforderungen des Alltags stellen, auch Cath wird mit kleinen und größeren Sorgen konfrontiert. Mir hat die ruhige und unaufgeregte Art, mit der Rainbow Rowell Caths Geschichte erzählt, sehr gut gefallen. Genau wie ihre Protagonistin scheint auch die Autorin ein Faible für Dialoge zu haben. Zuckersüß, etwas keck, wortgewandt und manchmal schlagfertig - ich musste viel schmunzeln und habe mich beim Lesen dieses Buches sehr wohlgefühlt. Dazu haben sicherlich auch die liebevoll gezeichneten Charaktere beigetragen, allen voran Cath, die sich nicht von ihrem Weg abbringen lässt, immer sie selbst bleibt und sich dabei doch weiterentwickelt. Levi habe ich sofort ins Herz geschlossen und auch die laute und sehr direkte Reagan hat mich fasziniert. Ich mochte die hilflos-chaotische Ader von Caths Vater und die rebellische Art von Wren. Auch wenn ich den Hype als zu übertrieben empfinde, kann ich mich den positiven Rezensionen nur anschließen. "Fangirl" ist ein tolles Buch, von dem man sich in Sekundenbruchteilen einlullen lassen kann. Ruhig, unspektakulär, ehrlich, ein bisschen verträumt und zugleich erfrischend, zuckersüß und herrlich herzerwärmend. Ich hatte eine wunderbare Lesezeit mit Cath, Wren, Levi und Co. und bin nun ganz gespannt auf "Aufstieg und Fall des außerordentlichen Simon Snow".

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