stefanie aus frei
Gefühlvoller Frauenroman mit märchenhaftem Anklang, der zum Nachdenken und Nachempfinden anregt Viola Shipman ist mit „Für immer in deinem Herzen“ ein wunderbar gefühlvoller Frauenroman gelungen (nein, eher KEIN Buch für Männer) um die drei Generationen von Frauen der Familie Lindsey: Lolly, die Großmutter, Arden, deren Tochter und Mutter von Lauren, der studierenden Enkelin. Die Handlung spannt sich auf um einen Aufenthalt der beiden jüngeren bei Lolly, bei der eine fortschreitende Form von Vergesslichkeit festgestellt wurde, die in Demenz münden kann, aber nicht muss. Es ist KEIN Demenzbuch, vielmehr ist die Sorge um den Verlust von Erinnerungen, sei es durch Vergessen oder irgendwann durch ihren Tod, der Antriebsmotor dafür, dass Lolly diese weitergibt an die beiden nächsten Generationen. Sie selbst ist dabei Erzählerin nicht nur ihrer Geschichte, sondern auch der Geschichte anderer, die ihr Leben berührten: ihre Großmutter, die einst als Einwandererin aus Irland nach Michigan kam, ihre Mutter, die sie noch vor ihrer Jugendzeit an den Krebs verlor, ihr Vater, um den sie sich danach kümmert, ihre beste Freundin, die sie an den Brustkrebs verlor, ihr Mann, der ihre große Liebe war, ihr kleiner Ort. Der Originaltitel „The Charm Bracelet“ – altmodisch würde man Bettelarmband sagen – spielt auf das Armband an, das bei den Frauen der Familie eine Tradition ist, jeder Anhänger ist verknüpft mit einer Person, einem Ereignis oder einer bestimmten Lebensweisheit, an diese knüpfen sich die Geschichten, die Lolly erzählt. Am schönsten am Roman fand ich diese Geschichten, die zum Teil weite weite Rückblenden boten auf die Geschichte der Familie wie auf die Geschichte der Einwanderung in die USA, mit all ihren Entbehrungen, ihrer Hoffnung und ihrem Lebensmut – teils sehr emotional gezeichnet und sehr berührend – Taschentücher dürften bei vielen Leserinnen nötig werden. Kitschig fand ich gerade diese Teile dabei nicht und mir gefielen sehr die eingestreuten Lebensweisheiten, auch wenn einige davon vielleicht „ein alter Hut“ sind: Speziell die mittlere Generation, Arden, ist unglücklich, geschieden, beruflich nicht erfüllt, mit finanziellen Sorgen. Als diese sich auf ihre Tochter Lauren auswirken, sagt dazu Lolly: "Menschen sind wie Dominosteine. Sobald wir umfallen, neigen wir dazu, alle anderen mit uns zu reißen." S. 135 Ihr Rat hingegen "Unglücklich zu sein kann dich völlig auffressen, ohne dass du es überhaupt bemerkst. Glücklich zu sein ist eine bewusste Entscheidung." S. 135 Soweit die Stärken dieses Buches, dazu muss man bemerken, dass eigentlich typische Frauen- und Liebesromane eher nicht mein Genre sind, wodurch ich vermutlich kritischer bin. Jedoch hatte mir völlig unerwartet dieses Jahr schon Lori Nelson Spielmans „Morgen kommt ein neuer Himmel“ außerordentlich gut gefallen und eben diese Autorin lobt – auch auf dem Klappentext – nun Viola Shipmans Buch. Ja, der Stil ist ähnlich, auch hier geht um Lebensziele, Mut, sich selbst zu verwirklichen, die Familie, Freundschaft – also kein reiner oberflächlichen „Kitschroman“, das Buch regt wirklich dazu an, über vieles nachzudenken in all seiner Emotionalität, gerade auch über Ziele, Beziehungen, Einstellungen. Die Teile im Roman, die in der Jetzt-Zeit handeln, speziell zu Arden, die eigentlich kein Vertrauen mehr hat, in nichts, in niemanden, auch und gerade nicht zu sich selbst, sind mir jedoch ein wenig zu „rosarot“ gezeichnet, zu glatt, zu vorhersehbar (im recht kurzen Schlusskapitel ist doch plötzlich selbst der Exmann bei dieser einen Sache hilfreich). Schade finde ich, dass sie eher als die „kopflastige Spaßbremse“ in den Roman eingeführt wird – sie entwickelt sich zwar tatsächlich toll, aber gerade die Beschreibung, warum sie, die Schüchterne, sich von ihrer völlig extrovertierten Mutter oft in den Schatten gestellt und vorgeführt empfand in ihrer Jugend, kommt mir ein wenig zu kurz – Lolly meinte es zwar immer und gut und sie ist liebevoll, aber viele ihrer Aktionen überforderten schlicht die Tochter. Insgesamt aber nur ein geringer Wermutstropfen, wenn man das Buch denn eher als wunderschönes gefühlvolles modernes Märchen einstuft, das nachdenklich macht und ermutigt, viele der angesprochenen Themen zu überdenken; insgesamt endlich wieder ein Buch auch aus diesem oft von mir vermiedenen Genre, das ich gerne behalten und auch verschenken werde. Ich empfehle ein Geschenk-Bundle mit einem kleinen Anhänger und/oder Bettelarmband – die Umsatzprovision bei diesen hätte sich die Autorin unbedingt vorher sicher sollen!!!