Gabriele Feile
Höchste Zeit, um Ja zum Leben zu sagen Frankls Buch stand sehr lange auf meiner Liste, und wieder einmal zeigte sich, dass Bücher immer dann zu einem finden, wenn die Zeit genau passt. Was Frankl in seinem Buch aus Sicht eines KZ-Insassen beschreibt, können wir nämlich ganz gut in die heutige Zeit übertragen. Auch wenn wir milchstraßenweit von einem solchen miserablen und - wie es scheint - hoffnungslosen Leben entfernt sind. Das Buchenwald-LIed Der Titel des Buches ist eine Textzeile aus dem Buchenwald-Lied, dessen Text Dr. Friedrich Löhner-Beda, ein Wiener Literat, während seines Aufenthalts im KZ Buchenwald schrieb (bevor er dort zu Grunde ging). Ein anderer Häftling vertonte das Lied im Marschrhythmus. Psychiater und Insasse Anders, als es der Untertitel des Buches sagt, war Frankl kein Psychologe, sondern Psychiater und wurde deshalb in den verschiedenen Konzentrationslagern als Arzt eingesetzt. Er schrieb sich seine „Erlebnisschilderung“, wie er selber sie im zweiten Satz nennt, innerhalb weniger Tage von der Seele und wollte absichtlich nicht die Gräueltaten darstellen (von diesen Berichten gab es schon genug, fand er), sondern beschrieb das Innenleben eines KZ und das Erleben und Verhalten der Häftlinge. Aus seiner professionellen Sicht formulierte er, wie Menschen auf die extremen Bedingungen in KZs reagieren, und zwar nicht nur die Häftlinge, sondern auch diejenigen, die etwas zu sagen hatten, vom Capo über die Vorarbeiter bis hin zur SS. Sinn und Freiheit In seiner berühmten Passage über den Sinn des Lebens macht er deutlich, dass nicht wir es sind, die dem Leben die Frage nach dem Sinn stellen, sondern es ist das Leben, das uns fragt, welchen Sinn wir ihm geben. Selbst das Leiden und der Tod in einem Konzentrationslager hat einen Sinn, weil auch das zum Leben gehört. Freiheit, und das ist gerade in aktuellen Zeiten relevant, hat nichts mit den Lebensverhältnissen zu tun. Ein Zitat: „Die geistige Freiheit des Menschen, die man ihm bis zum letzten Atemzug nicht nehmen kann, lässt ihn auch noch bis zum letzten Atemzug Gelegenheit finden, sein Leben sinnvoll zu gestalten.“ Ein Theaterstück im zweiten Teil Der zweite Teil des Buches heißt „Synchronisation in Birkenwald“ und stellt die von Viktor E. Frankl gewonnenen Erkenntnisse und das, was wir Menschen daraus lernen können, in Form eines kurzen Theaterstückes dar. Die Philosophen Sokrates, Spinoza und Kant unterhalten sich dabei im Himmel und erklären, was wir Menschen nicht wissen (wollen oder können): Ein:e Jede:r hat seine ganz persönliche Rolle zu „spielen“ und wir können als Seelen nicht davor davonlaufen. Ganz großes Theater! Meine Empfehlung Das Buch „…trotzdem Ja zum Leben sagen“ ist für all diejenigen Menschen sinnvoll, die sich ihrer Selbstverantwortung bewusst geworden sind oder das gerne möchten. Frankl selbst schreibt mehrmals in seinem Bericht, dass nicht sehr viele Menschen in der Lage sind, unter den Bedingungen eines Konzentrationslagers sich ihrer inneren Freiheit voll zu bekennen. „Aber wenn es auch nur ein Einziger gewesen wäre - er genügte als Zeuge dafür, dass der Mensch innerlich stärker sein kann als sein äußerliches Schicksal.“