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wandanoir

Posted on 12.9.2020

Warmherzig, spannend, zart und ganz großes Kino! Der Autor erhellt die letzten anderthalb Jahre des Zweiten Weltkrieges anhand eines kleinen Bergarbeiterstädtchens in der Eifel namens Kall. Dort haust der Imker und Gärtner Egidius Arimond. Bevor er wegen seiner Epilepsie von den Nationalsozialisten aus seinem Beruf verdrängt wurde, war er Gymnasiallehrer für Geschichte und Latein. Beides mit Leidenschaft. Seine Leidenschaft für Bienen, die er von seinem Vater geerbt hat und die Leidenschaft für seine Lehrfächer kommen in seinem Leben sinnstiftend zusammen. In der öffentlichen Bibliothek, seinem zweiten Zuhause, sitzt er über alten Schriften und studiert den Lebensweg seines Vorfahren Ambrosius aus dem 15. Jahrhundert. Dieser skurrile Lebensweg eines Bauernsohnes, der ebenfalls Bienenzucht und Studien darüber betrieb, bildet den zweiten, wesentlich kürzeren, aber nicht uninteressanteren Handlungsstrang des Romans. Die Erzählweise Norbert Scheuers ist großartig. Sein Buch ist warmherzig. Man fühlt sich sofort wohl in ihm. Nichtsdestotrotz schlägt die Schrecklichkeit und Unmenschlichkeit dieser furchtbaren Zeit voll zum Leser durch. Abwechselnd erzählt der Icherzähler Egidius von seinen Aufzeichnungen und von dem Leben seiner Bienenvölker, von seinem Tagesablauf. Er ist ein fleißiger Mensch und lebensfroh, doch wird er von seinen fanatischen Mitmenschen zum Teil bis aufs Blut gequält. Doch Egidius hat sich seine Menschlichkeit bewahrt. Bemerkenswert ist, wie Norbert Scheuer in seiner grandiosen Erzählung völlig ohne Sprachverballungen oder Neologismen auskommt, es genügt ihm in der Sprache, das zu benutzen, was davon ganz normal vorhanden ist (und das ist ja nicht wenig), nur – er kann sie im Gegensatz zu manch modernem Autor eben auch benutzen: seine Sprache ist einfach nur schön. Und mit all dieser Sprachschönheit schildert er das Grauen. Kritik: Keine. Fazit: Für die Warmherzigkeit und die Sprachfähigkeit und für die Art, wie Norbert Scheuer seine Themen verbindet, für alles das, finde ich kaum Worte. Es kann nicht genug Anerkennung dafür geben! Lieblingsbuch. „Winterbienen“ ist nach „Die Glocke im See“ von Lars Mytting mein zweites Lesehighlight 2019. Auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2019 Kategorie: Anspruchsvolle Literatur aufs Feinste. Verlag: C.H. Beck, 2019

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