wandanoir
Lethargie hat Ursachen (es gibt für alles einen Grund). Eva Schmidt arbeitet mit Lieschen Müller, das heißt mit einer völlig unspektakulären Protagonistin, namens Maren. Das Unspektakuläre macht es der Leserschaft mühsam, für die Protagonistin genügend Interesse aufzubringen. Doch der Roman ist kurz, und so hält man ihren banalen Alltag aus. Trotzdem ist es eine Geduldsprobe. Zum Glück ist die Schreibe der Autorin klar und ansprechend. Maren kommt nicht gut klar mit ihrer Mutter, Vera. Na ja, so was kommt vor. Vera hatte Marens Vater verlassen und sich einen neuen Partner zugelegt, Robert, mit dem Maren im Prinzip ganz gut konnte, als sie ein Kind war. Die Patchworkfamilie war perfekt, als zwei Halbbrüder, Söhne von Robert und Vera, dazukamen. Da Robert begütert ist, braucht sich die Familie eigentlich über nichts den Kopf zu zerbrechen. Dennoch baut sich Distanz auf, als die Söhne aus dem Haus sind. Maren befreundet sich mit Lisa, die in einer Bar arbeitet, weil sie Geld braucht, um sich selbständig zu machen. Genau wie der Leser begreift auch Lisa nicht, warum Maren so initiativlos und gleichgültig durchs Leben wankt. Oder stolpert. Maren hat ein bisschen Kunst studiert, war ein bisschen in der Klappse, mag ihren Hund, und hört mit dem Stiefpaps Musik, ihre Mutter macht auf Kunst, ihre Brüder glänzen durch Abwesenheit, könnten aber jederzeit besucht werden. Warum ist Maren nicht glücklich, obwohl Stiefpaps ihr eine tolle Wohnung bezahlt? Und sich auch sonst nicht lumpen lässt? Schließlich findet Maren eine Arbeit als Aufsehkraft in einem Museum. Hier kann sie sitzen und schauen. Niemand will etwas von ihr. Was ist los mit Maren, irgendwas kann doch mit ihr nicht in Ordnung sein. Niemand schaut ewig lange stumpf an die Wand. Abgesehen davon, dass die Autorin Maren vielleicht doch ein wenig zu lethargisch darstellt, so lethargisch, dass auch Sex sie nicht vom Hocker reißt, sie ihn andererseits aber auch nicht verweigert, so lethargisch, dass im ganzen Buch nichts von Belang passiert, macht Eva Schmidt es gut, sie erklärt Maren durch das, was Maren alles nicht tut, nicht denkt und nicht kann. Maren kann keine tiefen Beziehungen führen. Aber warum? Warum interessiert sie sich für niemanden, höchstens noch für Pablo, den Hund. Als Maren endlich anfängt, selber eine (sehr langweilige) Geschichte zu schreiben, kann sie ihre Lebensgeschichte für sich selber fassbar machen und sich allmählich ins Leben zurücktasten. (Gott sei Dank. Allerdings gibts dann nur noch wenige Zeilen im Buch). Fazit: Maren ist absolut überzeugend, aber zwei bis zehn Prisen zu langweilig. Kategorie: Anspruchsvoller Roman Verlag: Jung und Jung, 2019 Auf der Longlist des Deutschen Buchpreises, 2019