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SternchenBlau

Posted on 11.9.2020

Baut Berührungsängste ab Schon seit langem ist die Menschheit von künstlicher Intelligenz (KI) fasziniert. Und durch neuronale Netze, von denen Autorin (und Ingenieurin) Kenza Ait Si Abbou absolut begeistert ist, es ist nun endlich so weit, dass nicht mehr die Menschen den Maschinen sagen, was sie zu tun haben, sondern die Maschinen selbst lernen. Dass auch Kinder schon den Unterschied zwischen diesen zwei Dingen verstehen, das beschreibt Kenza Ait Si Abbou sehr anschaulich. Mir hat Ait Si Abbous frischer Stil, der gleichzeitig wissenschaftlich verankert ist, von Anfang an gefallen. Mitreißend fand ich, wie sehr die Autorin von ihrem Fachgebiet begeistert ist und ihre Begeisterung wirkt total ansteckend. Manchmal kommt mir bei dem Thema KI zu schnell eine undifferenzierte Jubelstimmung auf. Bei „Keine Panik, ist nur Technik“ sehe ich zwar eine gute Portion Begeisterung und Optimismus, aber die Themen Diskriminierung in Algorithmen und „Weiße-Männer-KI“ spricht die Autorin ebenfalls an. Das tut sie immer wieder und nicht nur in einem isolierten Kapitel. Die Risiken werden so deutlich, die Chancen aber eben auch. Denn letztendlich sind die Menschen (leider zu oft weiße, hetero cis-Männer) der Ursprung dieser Probleme. Wenn bspw. Spracherkennungssysteme weibliche Stimmen schlechter erkennen, weil sie nur mit männlichen Stimmen trainiert wurde, oder Gesichtserkennungen an Schwarzen Gesichtern scheitert, weil sie nur weiße Gesichter vorgelegt bekommen habe. „Die Computer wiederholen unsere Fehler, sie potenzieren sie sogar. Wenn wir als Gesellschaft faul werden, ungerecht oder einseitig, spiegelt sich das in den Maschinen wider, die wir programmieren.“ Toll finde ich daher, dass die Autorin mehrfach für mehr Diversity bei der Entwicklung von KI und Technologie plädiert. Und auch für mehr Interdisziplinarität bei der Entwicklung, weil Linguist:innen oder Soziolg:innen Programme gerechter oder menschlicher werden lassen können, Jurist:innen die rechtlichen Grundlagen stecken usw. usf.. Die Autorin ist zudem selbst ein tolles Vorbild, wie begeistert eine Frau und eine WoC in dem Metier aufgehen kann. Beim Lesen habe ich immer wieder bedauert, dass ich nicht in den MINT-Bereich gegangen bin, sondern in die Geisteswissenschaften. (Im Buch werden übrigens alternierend gegendert.) Toll gelungen sind auch die Querverweise und Literaturhinweise (oftmals auch sehr aktuell), die die Autorin übers ganze Buch hinweg gibt. Daraus spricht eine Wertschätzung für die Arbeit von Kolleg:innen, die mir reine Fußnoten einfach nicht geben können. Chancen und Beispiele bringt Kenza Ait Si Abbou aus vielen verschiedenen Themengebieten und gerade diese Bandbreite fand ich sehr gelungen. Wie z.B. künstliche Intelligenz Prozesse in der Landwirtschaft optimieren kann, war mir nicht wirklich bewusst, obwohl ich mich durchaus schon mit diesem Themenfeld beschäftigt habe. Weil die in Marokko geborene Autorin nach vielen Forschungsstationen im Ausland mittlerweile in Deutschland lebt, sind ihre Beispiele sehr von der Lebenswirklichkeit hierzulande geprägt. Das Layout ist übrigens frisch und dynamisch. Die Illustrationen sind oftmals erhellend, manchmal fehlte mir bei ihnen etwas der Fokus. Ich fand „Keine P@nik, ist nur Technik“ eine sehr amüsante und interessante Lektüre und ich habe ich ein paar Punkte verstanden, die mir vorher noch nicht so klar waren. So fand ich sehr schlüssig, warum Ait Si Abbou sich nicht für eine generelle Offenlegung von Algorithmen ausspricht, sondern stattdessen die Risikomatrix von Katharina Zweig vorschlägt oder Ethikrichtlinien bei der Entwicklung. Zwei Schwachpunkte habe ich allerdings doch gesehen, die damit zusammenhängen und sich auch ein gewissen inhaltlichen Widerspruch aufmachen, so dass die Zielgruppe etwas unklar für mich wurde. Die Beispiele mit den Freund:innen Maria und Carlos blieb mir manchmal etwas zu sehr an der Oberfläche und deren Annahmen und Reaktionen zu naiv. Fast dem entgegengesetzt gab es Kapitel, die ich schon recht komplex fand. Für absolute Anfänger:innen in dem Bereich (ich denke da an einige befreundete Menschen oder meine Mutter) ist das Buch zu kompliziert, wie ich finde. Obwohl die Autorin wirklich gut erklärt. Manchmal gehen dann auch die Fremdworte mit ihr durch: „Dies ist ein langwieriger, iterativer Prozess.“ Das schließt halt doch einige aus. Denn ansonsten legt die Autorin durchaus mit ihrem Buch durchaus eine gute Grundlage für ihren Wunsch: „Was es also dringend braucht, ist Datenkompetenz für alle, und wenn meine Träume wahr werden, verfügen alle User eines Tages sogar über eine umfassende Digitalkompetenz. Am besten schon in der Schule.“ Fazit: Schafft auf beschwingte Weise mehr Datenkompetenz! Für Menschen, die komplett neu in das Thema einsteigen (was der Titel nahelegt), finde ich das Buch zu komplex. Der Slogan „Für IT-Girls und -Boys“ vom Klappentext passt da meiner Meinung nach besser. Mit dieser Einschränkung vergebe ich gerne eine Empfehlung und 4 von 5 Sternen.

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