miss_pageturner
Mythologie hat mich wie so viele schon immer interessiert. Als ehemalige klassische Archäologiestudentin bin ich natürlich insbesondere mit der griechischen und römischen Mythologie vertraut. Die Nordische hingegen kannte ich kaum, doch diese Wissenslücke wollte ich schließen. Doch bevor ich mich durch die sprachlich anspruchsvolle Original Edda quäle, griff ich lieber zu diesen Nacherzählungen um in das Thema einzusteigen. Ein Herz für die nordische Mythologie Das Buch beginnt mit einem Vorwort des Autors. Wir erfahren, dass Neil Gaiman sich mit dem Schreiben dieses Buches einen kleinen Traum erfüllt hat, denn der nordischen Mythologie galt schon seit Kindesalter seine Passion. Und das ist auch gut so, denn die Leidenschaft für die Geschichten, die er hier nacherzählt, spürt man auf jeder einzelnen Seite. Wie er in seinem Vorwort selbst schreibt, versucht Gaiman die Sagen zu erzählen, wie es vielleicht ein Schamane am Lagerfeuer in einer Polarnacht den Kindern seines Dorfes erzählt hätte und ich muss sagen, das gelingt dem Autor ganz wunderbar. Man hat tatsächlich das Gefühl am Lagerfeuer zu sitzen, die Nordlichter über sich und einem Geschichtenerzähler zu lauschen. (Und das selbst im Hochsommer, wo ich das Buch gelesen habe) Chaos in Asgard Wie ich eben schon erwähnt hatte, hatte ich vorm Lesen dieses Buch so ziemlich keine Ahnung von der nordischen Mythologie. Klar ich kannte die Namen Odin, Thor und Loki und wusste in etwa, welche Funktion sie hatten, doch das war's auch schon. Doch das ist kein Problem, denn dieses Buch ist super für Mythologie Einsteiger geeignet. Bevor das Geschichtenerzählen losgeht, werden die wichtigsten Persönlichkeiten kurz vorgestellt, sodass man eine Basis hat. Und dann geht's auch schon los. Die Auswahl, die Gaiman an Sagen gewählt hat, fand ich dabei sehr gelungen. Er fängt beim Anfang von allen an und endet beim Ende von allen, nämlich Ragnarök. Dadurch hat man das Gefühl einem roten Faden zu folgen und im Grunde eine einzige große Geschichte erzählt zu bekommen, das hat mir sehr gefallen. Nun aber zu den Mythen selbst: ich komme nun mal nicht umhin, sie mit den griechischen zu vergleichen und stelle fest: die alten Skandinavien haben ihre Götter sehr viel menschlicher gesehen. Während es bei den Griechen vor allem Menschen und Halbgötter sind, die in schwierige oder auch manchmal komische Situationen bringen und die Götter dann eingreifen, sind es in der nordischen Mythologie die Götter selbst, die sich oft in absurde Situationen bringen. Dabei haben Thor, Loki und co. zwar unglaubliche Kräfte, wirken aber irgendwie nicht ganz so würdevoll und erhaben, wie ihre griechischen "Kollegen", sondern sind mit mehr "menschlichen Makel" behaftet. Dadurch wird das Lesen der Mythen aber auch ungemein unterhaltsam, wenn z.B. sich Thor in ein Brautkleid zwängen muss, eine Frau ihren Mann nach seinen Füßen aussucht oder Loki von einem Ziegenbock fast kastriert wird. Ich jedenfalls hatte einen Riesenspaß mit den nordischen Göttern und musste des Öfteren herzhaft lachen. Fazit: In diesem Buch erzählt uns Neil Gaiman gekonnt und mit spürbarer Leidenschaft von den nordischen Göttern und Helden. Es sind die bekanntesten Geschichten der nordischen Mythologie, für Kenner, also vielleicht nicht allzu viel Neues, aber für Einsteiger ideal. Die Abenteuer der Götter sind dabei abwechselnd spannend, oder fast schon absurd lustig. Ein großes Lesevergnügen sind sie allemal.