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nonostar

Posted on 11.9.2020

Oliver wird 1989 in Sachsen geboren, die Mutter verschwunden wächst er beim Vater und seiner Großeltern auf, doch nie fühlt er sich richtig. Seine ZUflucht ist die Welt der Zahlen und so überrascht es auch niemanden, dass er irgendwann Mathematik studiert. Besonderes Interesse wecken dabei die Primzahlen und so nimmt er sich für seine Doktorarbeit unglaubliches vor: Er will schaffen, woran sich Generationen von Mathematikern vor ihm verzweifeln, er will eine Ordnung in das Chaos bringen und die Riemannsche Vermutung beweisen oder widerlegen. Was für ein Buch! Patrick Hofmann schafft die perfekte Balance zwischen lustigen Stellen, die mich laut lachen liesen und ernsthaften Passagen, die mich zutiefst berührten. Und zwischen allem gibt er wie nebenbei einen Überblick über mathematische Phänomene und große Mathematiker der vergangenen Jahre. Vor dem Lesen hätte ich niemals gedacht, dass die Abfolge von Primzahlen so interessant und v.a. rätselhaft sein könnte, dass sich zahlreiche Mathematiker damit befassen. Doch Hofmann lässt dieses sehr theoretische Thema spannend und verständlich werden. Auch den psychischen Druck, der auf Oliver lastet, beschreibt der Autor sehr glaubwürdig. Manchmal verliert sich der Protagonist tagelang in seinen Berechnungen, vergisst sich selbst, ist wie im Wahn. Nur wenige können ihn aus diesem Zustand wieder herausholen, denn Oliver fällt der Umgang mit anderen nicht leicht und so dauert es lange, bis er sich den Menschen um sich herum anvertrauen kann. Immer stärker fühlt er sich auch zu Alkohol und mitunter anderen Drogen hingezogen, erst durch den vernebelten Geist scheint er klar denken zu können, scheinen die Zahlen Verbindungen einzugehen, die er vorher nicht sehen konnte. Den psychischen Zustand hat Hofmann hier so detailliert und gekonnt herausgearbeitet, dass man als Leser das Gefühl hatte, es selbst zu erleben. Überwiegend lässt sich "Nagel im Himmel" sehr flüssig lesen, man fliegt förmlich durch die Seiten, fiebert mit, wünscht sich dass Oliver endlich seine Lösung findet, sich endlich befreien kann. Lediglich der im Kreise der Familie gesprochene sächsische Dialekt hat das Lesen manchmal erschwert. Aber es hat gepasst und von daher hat es mich nicht weiter gestört. Auch das Ende bietet nochmal einige Überraschungen, ein grandioser Abschluss für dieses grandiosen Roman! Fazit: Hofmann skizziert hier eine Gradwanderung zwischen Genie und Wahnsinn, lustig und doch ernst, fröhlich und doch tragisch. Unbedingt lesen, für mich ein Jahreshighlight!

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