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Die Farels sind vom Erfolg geprägt, Jean ist ein bekannter Fernsehjournalist, seine Frau Claire steht als Essayistin, die sich feministisch sehr engagiert, im Licht der Öffentlichkeit. Auch ihr Sohn Alexandre scheint auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen, er studiert an der amerikanischen Elite-Uni Stanford und hat beste Karriereaussichten. Hinter den Kulissen sieht es nicht ganz so glamourös aus, die Ehe der Farels ist längst zerbrochen, der mittlerweile über 70 Jahre alte Jean versucht sich durch Beziehungen zu jungen Frauen alterslos darzustellen, seine 27 Jahre jüngere Frau Claire lebt mit einem neuen Partner zusammen. Ausgerechnet am Morgen, nachdem Jean vom französichen Präsidenten ein bedeutender Orden verliehen worden ist, wird Alexandre fest genommen, Mila, die Tochter von Claires Lebensgefährten beschuldigt ihn der Vergewaltigung. In ihrem Roman "Menschliche Dinge" greift Karine Tuil ein Thema auf, das durch die mee-Too-Debatte und den Fall Stanford aktueller den je ist. Dabei stellt sie wertungsfrei die verschiedenen Ansichten der beteiligten Personen dar und regt den Leser zum Nachdenken an. Der Einstieg in das Buch ist mir zunächst nicht leicht gefallen, die Autorin stellt die Familien von Täter und Opfer, sowie deren Umfeld so ausführlich vor, dass es etwas langatmig wirkt. Faszinierend hingegen fand ich, wie die Autorin das Bild der Figuren während der Gerichtsverhandlung neu zeichnet. Obwohl ich glaubte, die Personen bereits gut kennen gelernt zu haben, - wobei ich keiner der Figuren emotional wirklich nahe gekommen bin - habe ich an dieser Stelle meine Vorstellungen noch einmal revidieren müssen. Sympathischer ist mir dabei keine der Personen geworden, aber ich bin tiefer in die verschiedenen Sichtweisen eingetaucht. Meisterlich zeigt Karine Tuil hier, dass das Leben nicht nur schwarz und weiß ist, sondern in sehr vielen Grautönen verläuft. Die Verhandlung ist sehr realistisch beschrieben, wirkte auf mich aber stellenweise etwas in die Länge gezogen, der Tathergang wurde viele male geschildert, was dennoch nicht dazu beitrug, Sympathie für die unglückliche junge Frau zu wecken. Auch Alexandre war nicht der typisch bösartig dargestellte Täter, letztendlich hat er mir beinahe genau so leid getan, wie das Opfer. Die Geschichte hat mich sehr nachdenklich zurück gelassen, das Thema ist wichtig und hier sehr vielschichtig beschrieben, so dass ich für das Buch trotz einiger Längen eine Leseempfehlung ausspreche. Fazit: Ein wichtiges und aktuelles Thema hat die Autorin hier sehr feinfühlig aufgegriffen und auf sehr nachdenkliche Weise von allen Seiten beleuchtet. Die Lektüre ist nicht immer leicht, beschäftigt mich aber lange nachdem ich das Buch zu Ende gelesen habe weiter, von mir gibt es dafür eine Leseempfehlung.