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seehase1977

Posted on 6.9.2020

Tödliche Experimente – Ein interessanter Medizinkrimi im Edinburgh des 19. Jahrhundert Edinburgh 1847. Der Medizinstudent Will Raven tritt seine neue Stelle als Famulus bei dem renommierten Geburtshelfer Dr. Simpson an. Kurz davor hat ihn der Tod einer ihm nahestehenden jungen Frau schwer getroffen. Während seiner Arbeit bei Dr. Simpson, in dessen Haus auch immer wieder spektakuläre Experimente mit neu entdeckten Betäubungsmitteln stattfinden, begegnet er weiteren Todesfällen, alle Opfer sind auf ähnliche Weise gestorben, wie Wills Bekannte. Zusammen mit dem selbstbewussten Hausmädchen Sarah, die ein ganz eigenes Interesse an der Aufklärung der Morde hat, beginnt Will selbst Ermittlungen anzustellen. Diese führen die beiden in die widrigsten und dunkelsten Ecken Edinburghs… Meine Meinung: Das interessant klingende Thema und der neugierig machende Klappentext waren es, die mich zum Lesen dieses Buches animiert haben. „Die Tinktur des Todes“ von Ambrose Perry, übrigens das Pseudonym für das in Schottland lebende Ehepaar Christopher Brookmyre und Marisa Haetzman, vereint spannende Kriminologie mit medizinischem Fachwissen in einem Edinburgh des 19. Jahrhunderts. Das Augenmerk liegt hier vor allem auf Geburtshilfe und Abtreibung, aber auch auf neuen Entdeckungen im Bereich der Betäubungsmittel. Anfangs viel es mir schwer, Zugang zur Story und ihren Figuren zu bekommen. Nur zaghaft und Schritt für Schritt kann Will Raven und seine Geschichte mich fesseln, sein hartnäckiges Bestreben, den Tod seiner Freundin und den der anderen Mädchen aufzuklären beeindrucken mich. Doch nicht nur das, auch die Einblicke, die die Anwendung der frühen Medizin, vor allem was die Geburtshilfe und die ersten Einsätze von Betäubungsmitteln betrifft, sind interessant, trotz der oft schrecklichen und blutigen Details. Nicht immer kann Patienten geholfen werden und nicht selten sterben zur damaligen Zeit kranke Menschen einen qualvollen Tod, weil die medizinischen Erkenntnisse und Forschungen noch nicht ausgereift genug sind. Doch dank dem Einsatz von Äther – wohl dosiert versteht sich – erleichtert seine Anwendung so mancher Gebärenden die Schmerzen der Geburt. All dies geschieht in Edinburgh des 19. Jahrhunderts. Eine zweigeteilte Stadt, zum einen düster, gefährlich und zwielichtig, zum anderen voller Möglichkeiten, Wohlstand und Reichtum. Das Autorenduo versteht es, die Atmosphäre der Stadt lebhaft einzufangen und zu übermitteln. Überhaupt ist der Schreib- und Erzählstil bildhaft und abwechslungsreich, auch wenn sich die Autoren hin und wieder in allzu detailreichen Beschreibungen verlieren und somit auch immer wieder für kurze Zeit meine Aufmerksamkeit. Gelungene und authentische Protagonisten machen die Story zu einer runden Sache. Vor allem das Hausmädchen Sarah, die Will Raven bei der Aufklärung der mysteriösen Morde unterstützt, hat mich beeindruckt. Sie ist wissbegierig, stur und für ein Mädchen dieser Zeit sehr gebildet. Sie gibt sich mit der Rolle als Hausmädchen und Mensch zweiter Klasse nicht zufrieden, sie strebt nach Wissen und Unabhängigkeit und steht stellvertretend für den Kampf der Frauen nach Gleichberechtigung. Mein Fazit: Anschaulich erzählter, interessanter und in großen Teilen spannender und detailreicher Kriminalroman mit medizinischem Hintergrund und atmosphärischem Setting. Lesens- und empfehlensw

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