Lenislesestunden
Es fällt mir wirklich schwer, diese Rezension zu schreiben, obwohl ich "Eismond" schon vor Tagen beendet habe. Ich dachte, ich brauche einfach eine Weile, um meine Gedanken zu ordnen, aber jetzt merke ich: Das ist genau das, was die Bücher von Jan Costin Wagner meiner Meinung nach ausmacht. Sie lassen einen sprachlos zurück, weil sie so tief gehen, so viel aufwirbeln und so unbeschreiblich dicht sind, das mir die Worte fehlen, um wirklich zu beschreiben, was sie auslösen. Ich kriege es einfach nicht zu fassen. "Eismond" ist der Auftakt der Kimmo Joentaa Reihe. Joentaa ist Polizist, hat gerade erst durch den Tod seiner Frau Sanna einen schrecklichen Verlust erlitten und stürzt sich voller Trauer, Wut und Einsamkeit in seinen nächsten Fall: Jemand erstickt Menschen im Schlaf, lautlos, unsichtbar, wie ein Phantom. Joentaa versucht, sich dem Motiv der Person anzunähern, der er sich in seiner Verzweiflung seltsam nah fühlt. Es geht in diesem Buch in erster Linie um die Charaktere und ihr Innenleben, und das macht meiner Meinung nach auch den besonderen Reiz aus. Die tiefe Trauer von Joentaa ist herzzerreißend, die Beobachtungen seiner Mitmenschen sind klug und reflektiert. Jede einzelne Figur ist interessant ausgearbeitet und trägt die Geschichte mit, wie auch die sehr gut beschriebene Atmosphäre Finnlands, die ihren Teil zur düsteren Gesamtstimmung beiträgt. Melancholisch, tiefgründig, extrem gut erzählt, spannend und sehr speziell geschrieben ist "Eismond" meines Erachtens viel, viel mehr als ein Krimi und absolut lesenswert. Keine Frage, dass ich diese Reihe weiterverfolge. Ich kann euch übrigens auch "Sommer bei Nacht" vom selben Autor nur empfehlen!
