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Ein unheimlich spannungsintensiver Start in die Geschichte erwartete mich als Erstes. Dem Prolog gelang es sofort meine Neugierde anzufachen ohne das auch nur ein Tropfen Blut vergossen wurde. Ich durfte schon jetzt einen Blick auf Asklepios erhaschen und bekam einen Vorgeschmack dessen, was wohl sein Opfer erwarten würde. Unterteilt wurde die Geschichte in drei Teile. Dies war schön durchdacht worden, denn es grenzte die unterschiedlichen Handlungsgerüste voneinander ab, ohne sie jedoch zu trennen. Sie bauten eher ineinander auf und ermöglichten es mir den Geschehnissen einfacher folgen zu können. Unterstützt wurden die einzelnen Teile durch Kapitel und an deren Anfang eine Zeit- oder Datumsangabe stand. Diese Hinweisart empfand ich als nützlich, da mir so im Zeitgeschehen nichts verloren ging. Die Kapitel hatten eine angenehme Länge und der personale Erzähler gewährte mir Einblicke auf die Handlungen unterschiedlichster Figuren. Dies belebte die Geschichte und sorgte dafür, dass ich einen größeren Überblick über die Ereignisse bekam. Auch konnte ich beide Seiten der sprichwörtlichen Medaille betrachten und konnte mir selbst Gedanken zum Thema Selbstjustiz machen. Die Spannung innerhalb des Buches war durchgängig gegeben, und ich fand es sehr faszinierend, wie komplex Charlotte Charonne das Thema Selbstjustiz überwiegend vorurteilsfrei verarbeitet hatte. Sie überließ es mir als Leser die Handlungen von Asklepios zu betrachten und zu beurteilen. Sollte ich diese „Therapie“ gutheißen oder doch nicht? Dies gelang der Autorin vor allem damit, dass ich zu Beginn eine unschuldige süße kleine Emma kennenlernen dufte. Mit ihren fünf Jahren wickelte sie nicht nur ihre Eltern und ihre Oma um den kleinen Finger. Das fröhliche Mädchen durfte ich ein Stückchen begleiten, bis sie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt war. Die Panik der Großmutter um ihr verschwundenes Enkelkind war so packend beschrieben worden, dass auch mir die Angst den Rücken hinunterkroch. Was danach geschah, war wirklich schwere Kost, obwohl es keine grausamen Details gab, die ausgeschlachtet wurden. Aber allein der Gedanke genügte schon, um mit den Eltern und vor allem Emmas Mutter mitleiden zu können. Anschließend gab es einen großen Schnitt. Erst fünfzehn Jahre nach der Tragödie spann sich die Geschichte weiter fort und nun kam Asklepios zum Zug. Der Gott der Heilkunst hatte einen ganz besonderen Therapieplan ersonnen, um einen ganz speziellen Patienten von seiner Krankheit zu befreien. Die Idee dahinter war interessant und regte zum Nachdenken an. Hier ging es ganz klar um Selbstjustiz unter dem Mäntelchen der Humanität. Es war perfide auf der einen Seite, aber sehr verständlich auf der anderen Seite. Dieses Spiel mit der Psychologie des Menschen fand ich faszinierend, hätte aber für mein Empfinden noch ein bisschen mehr Würze haben können. Es lag vielleicht auch an diesem besonderen Schreibstil. Er war bisweilen recht pittoresk, was am Anfang wirklich ein spannender Kontrast zu den Ereignissen gewesen ist. Doch als sich so langsam das Finale andeutete und das Katz-und-Maus-Spiel volle Fahrt aufnahm, empfand ich diese lautmalerischen Beschreibungen nervig. Sie drosselten die Spannung und nahm den Ereignissen den Biss. Das fand ich extrem schade, denn diese Geschichte hatte so unglaubliches Potenzial. Wäre hier der Schreibstil ein bisschen mehr kantiger und dynamischer geworden, wäre dies ein absolut fesselnder Showdown geworden. Fazit: Ein solider und sorgfältig durchdachter Thriller, der mit sehr ernsten Themen zum Nachdenken anregte. Für meinen Geschmack wäre spannungstechnisch noch Luft nach oben gewesen. Dennoch wusste mich die Geschichte zu überzeugen.