madl_books
Bei „Nordsee-Nacht“ sollte man beachten, dass es sich nicht um einen klassischen Krimi oder gar Thriller handelt, auch wenn die Inhaltsangabe die Vermutung in diese Richtung lenkt. Aber nichtsdestotrotz beginnt dieser Roman genauso spannend und fesselnd. Die ersten 200 Seiten waren für mich absolut genial. Wir befinden uns im Jahre 1987 und erleben hautnah mit, wie Friederike verschwindet und was alles getan wird, um sie zu finden. Dabei wechseln wir in kürzeren Kapiteln zwischen vielen verschiedenen Perspektiven und lernen sie so im Schnelldurchlauf etwas kennen. Der Schreibstil ist sehr angenehm und hat die düstere bedrückende Atmosphäre super eingefangen. Gerade die Panik und Verzweiflung sind deutlich spürbar. Als wir dann aber einen Sprung machen und 25 Jahre später die unbekannt Frau am Strand gefunden wird, flaute meine Begeisterung leider etwas ab. Zunächst bleibt zwar dieses Auftauchen der Unbekannten sehr interessant und auch noch spannend, aber das hält leider nicht lange an. Denn hier hat mir bei der Ausarbeitung der Geschichte einiges gefehlt. Wir treffen zwar sehr schnell wieder auf die altbekannten Personen, aber durch den Sprung konnte ich sie nicht mehr richtig greifen. Der Fall rückte mir zu sehr in den Hintergrund. Dafür sollte zwar deutlich gemacht werden, wie stark das Ereignis von damals das Leben der Hinterbliebenen verändert hat, aber bei mir kam es gefühlsmäßig leider nicht an. Auch die Richtung, in die das ganze geht und wer für das Verschwinden von Friederike in Frage kommt, war mir ziemlich schnell klar und zu simpel. Die Auflösung war dann durch ein plötzliches Geständnis zu schnell abgehandelt. Das hätte man etwas besser ausarbeiten können und dafür viele überflüssige Dinge weglassen. Wie zum Beispiel die Auseinandersetzung mit den inneren Dämonen der Protagonisten. Mir waren diese zu langatmig und das hat mir die spannende Stimmung zu sehr genommen. Im großen und ganzen ein solider Roman, der mich größtenteils gut unterhalten hat und den ich trotz Kritikpunkte gerne gelesen habe. Deshalb kann ich ihn auch an Leser empfehlen, die nicht unbedingt durchgehend hoch spannendes Lesefutter brauchen.