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Caillean

Posted on 30.8.2020

Das harte Leben in Gefangenschaft und der Traum vom Heimkehren Wer hat nicht im Geschichtsunterricht oder in Fernseh-/Zeitungsberichten davon gehört, dass man Angehörige von Minderheiten oder auch Kriegsgefangene während oder nach dem 2. Weltkrieg in sogenannte Arbeitslager nach Russland brachte. Doch wie sieht es im Inneren eines solchen Lagers aus? Welche Zustände herrschten, welche Arbeiten mussten die Gefangenen verrichten? Und warum kamen sie trotzdem nicht frei, obwohl der Krieg doch vorbei war? Die wenigsten befassen sich mit solchen Fragen – auch weil sie so traurig machen und wehtun. Ein Autorenpaar, das unter dem Pseudonym Maya Freiberger schreibt, ist aufgrund der eigenen Familiengeschichte dieser Spur nachgegangen. Es ist die (auf wahren Tatsachen beruhende) Geschichte von Selma und ihrer Schwester Irma, die hier erzählt wird. Die Mädchen gehören zu einer deutschen Minderheit in Rumänien, den Siebenbürger Sachsen, und leben trotz des zweiten Weltkriegs ein einfaches, aber verhältnismäßig ruhiges Leben. Dann trifft Rumänien die Entscheidung, sich den Alliierten anzuschließen –was die deutsche Minderheit im Land pötzlich zu Verfolgten macht. Obwohl der Krieg Mitte des Jahres 1945 schon vorbei ist, bringen russische Soldaten die für arbeitsfähig erklärten Frauen und Mädchen mit einem Zug nach Russland in Arbeitslager. Darunter auch Selma und ihre Schwester, obwohl Irma seit ihrer Kindheit eine zarte Gesundheit und immer wieder Fieberschübe hat. Das Buch erzählt die (Über-)Lebensgeschichte der beiden Schwestern, eingebettet in eine kurze Rahmenhandlung, die es meiner Ansicht nach gar nicht gebraucht hätte. Die historische Handlung spricht für sich. Bereits der Transport ins Lager wird zum Überlebenskampf und wer etwas zart besaitet ist, was die Schilderungen von Entbehrungen und Gewalt angeht, der sollte sich überlegen, ob er dieses Buch wirklich lesen möchte. Ich gehe davon aus, dass die Schilderungen weitestgehend auf Quellen und wahre Begebenheiten zurückgehen, aber es ist wirklich unfassbar, wie mit den Frauen umgegangen wurde. Zumal sich der Sinn mancher harter Arbeit, die zu verrichten war, kaum er-schließt. Etwas schade fand ich, dass in dem kurzen Nachwort nicht wirklich deutlich wird, wo der reale Ursprung aufhört und die Fiktion beginnt. Es wird geschildert, dass das Buch auf die Memoiren einer tatsächlichen Kriegsgefangenen zurückgeht, aber dass einige Figuren aus dramaturgischen Gründen „etwas ausgeschmückt“ wurden und einige Figuren auch erfunden sind. Ich hätte gern gewusst, was nun wirklich der Wahrheit zuzurechnen ist und wo Fiktion einsetzt – denn so ist das Buch insgesamt einfach nur unglaublich und man kann sich nicht vorstellen, dass Selma das wirklich alles passiert ist. Ein wenig mehr Abgrenzung (natürlich im Nachhinein im Nachwort) hätte ich mir da gewünscht. Trotzdem kann ich diesen Roman weiterempfehlen. Er zeigt ein umfassendes Bild der Zustände in russischen Arbeitslagern und auch, wenn das Cover recht idyllisch wirkt, ist der Inhalt doch zum Teil verstörend und geht nahe. Aufgrund der Einbindung in einen Roman mit einfacher, klarer Sprache ist das Buch aber trotzdem gut und spannend zu lesen und vermittelt nebenbei viel historisches Wissen.

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