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mrs.misery

Posted on 28.8.2020

Der kleine Konrad und seine Familie merken schnell, dass er anders ist, als die anderen. Schon im Kindesalter hat er ein hervorragendes Talent für Zeichnungen. Gruselig ist nur, dass die Personen die er in Alltagssituationen malt, nie ein Gesicht haben. Und dann redet Konrad auch noch, obwohl niemand in der Nähe ist. Doch er führt keine Selbstgespräche, sondern antwortet auf Fragen, die ihm niemand gestellt hat.  Dieser Einstieg löst zunächst erst einmal Unbehagen und viel Neugier aus. Was hat Konrad? Leidet er vielleicht an einer Form des Autismus oder einer anderen Erkrankung? Alles nicht. Konrad kann Menschen hören – Menschen, die schon lange nicht mehr unter uns weilen.  Anfangs kann er dieses Wirrwarr in seinem Kopf noch nicht kontrollieren. Je nachdem an welchem Ort er sich befindet, hört er alle Gespräche, die jemals dort stattgefunden haben. Klar, dass Chaos vorprogrammiert ist.  Nach und nach lernt er mit seiner Fähigkeit systematisch umzugehen und kann die Zeitpunkte zu denen er reist kontrollieren. Aufregend ist an dieser Stelle das Gedankenexperiment, ob man diese Fähigkeit überhaupt besitzen möchte.  Sicherlich ist es zunächst spannend, doch werden früher oder später auch Dinge und Geheimnisse zu Tage gefördert werden, die besser im Dunkeln geblieben wären. Oder nicht? Konrad geht es ähnlich. Einem Schulausflug zu einer KZ-Gedenkstätte sagt er ab. Und nun kommt die Liebe ins Spiel, von der im Klappentext die Rede ist:  Er lernt Klara kennen! ...die vor 476 Jahren gelebt hat und die erste Person aus der Vergangenheit ist, die ihm antworten kann. Jahrelang „treffen“ sie sich an einem bestimmten Ort und verlieben sich ineinander, nichtsahnend, dass Konrad in ihrer Zukunft stöbern kann und sieht, welches Schicksal ihr bevorsteht.  Der „Zeitlauscher“ ist eine tiefgründige Liebesgeschichte, die ganz ohne kitschige Floskeln eine Gänsehaut zaubert.  Trotz der knappen Länge gelingt es dem Autor, die Protagonisten so zu beschreiben, dass ein Mitfühlen unabdingbar ist. Konrad und Klara sind zwei liebevolle Menschen und offensichtlich Seelenverwandte – da kann es nur dramatisch werden, dass sich die beiden um fast 500 Jahre verpasst haben.  Die Theorie der Zeitreisen solltest du mögen. Natürlich ist es (bislang?) reine Fantasie, doch in dieser Kurzgeschichte ist diese Theorie zumindest logisch zu Ende gedacht.  Mit sinnvollen Zeitreiseelementen (Stichwort: überlieferte Geschichten ☺ ), ist ein Eintauchen ist die Welt von Konrad und Klara sehr einfach und es bedarf keiner komplexen Gedankengänge, um dem Plot zu folgen.  Anders als bei anderen Kurzgeschichten, hinterlässt die hiesige die LeserInnen mit glücklicherweise relativ wenigen offenen Fragen.  Natürlich lässt das Ende der Fantasie freien Lauf, doch du kannst dir Gewiss sein, die Geschichte mit einem befriedigenden Gefühl zu beenden. Besonders zu erwähnen ist in dieser Rezension auch das großartige Layout.  Hier wird mit Schriftgrößen und -arten gespielt und die Geschichte dadurch sehr lebendig.  Außerdem gibt es ein Daumenkino eines fallenden Eichenblatts, was noch einmal den Bezug zum wohl wichtigsten Ort für Konrad und Klara herstellt – und natürlich auch die traurig-schöne Geschichte der beiden widerspiegelt.  Und wenn du wissen möchtest, was eigentlich aus Konrads Schwester Blume geworden ist: Ihre Geschichte liegt zum kostenlosen Download auf www.ocm-verlag.de für dich bereit.

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