manjolla
Carrie wird gnadenlos gepeinigt. In der Schule wird sie ständig auf die Schaufel genommen und daheim ist sie ihrer fanatischen Mutter ausgesetzt. So geht es schon ihr Leben lang. Dann naht der Abschlussball und Carrie hat die Hoffnung, endlich mal ein normales Mädchen sein zu dürfen. Doch ausgerechnet an diesem Abend bahnt sich eine Katastrophe an … „Carrie“ ist Stephen Kings erster Erfolg. Mit diesem Buch hat der Meister des Horrors sein Debüt gegeben und mich sofort in seinen Bann gezogen. Grundlegende Themen sind religiöser Fanatismus, Mobbing unter Jugendlichen, mysteriöse Kräfte und sie sind allesamt im Rahmen der amerikanischen Kleinstadt vereint. Obwohl dieses Werk schon älter ist, hat es an Aktualität sicher nicht eingebüßt und ist nach wie vor sehr lohnenswert. Von Beginn an weiß man, dass Carries Geschichte nicht gut ausgeht. Es ist von einem grauenhaften Inferno die Rede, von Carrie, dem Mädchen, das es verursacht hat, und es werden mehrere Perspektiven gewählt, die in einer Rückschau die Ereignisse betrachten. Oftmals nimmt man Carries Sicht der Geschehnisse ein. Carrie befindet sich in den Fängen einer Mutter, die ihr eigen Fleisch und Blut als Sünde ansieht, weil sie in ihrer Tochter das lebende Ergebnis körperlicher Lust vor Augen hat. Durch ihren religiösen Wahn treibt sie ihr Kind immer mehr an den gesellschaftlichen Rand und betet inständig, dass es so bleiben wird. In der Schule wird Carrie auf’s fürchterlichste gemobbt, sodass sich nicht einmal mehr die Lehrer zu helfen wissen. Anfangs ergibt sie sich stoisch in ihr Schicksal und leistet ihren Dienst als lebende Zielscheibe ab, bis sie trotz all ihrer Bemühungen die Gemeinheit ihrer Mitmenschen zur Weißglut treibt. Zudem werden Auszüge aus Berichten, Büchern, Tagebüchern, wissenschaftlichen Abhandlungen und Zeugenaussagen eingestreut, die meiner Meinung nach der ganzen Geschichte eine besondere Note und ein hohes Maß an Faszination verleihen. Die Ereignisse an der Schule erlebt man zusätzlich durch Carries Mitschüler, vor allem durch jene, wie zB Sue, die tragende Rollen spielten und später teilweise als Zeugen des Infernos zur Wort kommen. Kings Gespür für die handelnden Personen kommt bereits in seinem Debüt zu tragen. Auch hier zeichnet er präzise Charaktere, die in authentisch wirkenden Grauschattierungen gehalten sind. Er lässt Figuren aufleben, die eigentlich gut sind und durch die Dynamik der Ereignisse abgrundtief böse werden, und er zeigt, dass manches verwerfliche Verhalten, nur dem Reiz des Augenblicks geschuldet ist. Außerdem gipfeln die Ereignisse in einem Inferno, das die Hölle neidisch werden lässt. Carries Rache ist heiß, und es ist unabsprechbar, dass Mr. King damit einen großartigen Horror-Erstling geschaffen hat. Mich hat Stephen Kings „Carrie“ sehr fasziniert und sofort gebannt. Ihr trauriges Leben, die im wahrsten Sinne des Wortes gestörte Mutter und ihr Kampf um Zugehörigkeit, haben mich ergriffen und gleichzeitig abgestoßen, als ich sah, wozu es Carrie getrieben hat. Der Horror kommt natürlich nicht zu kurz, auch wenn er sich hier in einer sehr offensichtlichen Form die Ehre gibt, die im Gegensatz zu späteren Werken eher ungewöhnlich ist. Stephen Kings „Carrie“ habe ich mit großer Begeisterung gelesen und dabei jede Seite bis zum infernalischen Ende genossen. Traurig, einsam und gefährlich - am Ende mit höllisch heißer Rache versehen - lässt „Carrie“ kaum jemanden kalt, der ihr in Kings Debüt begegnen wird.