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dramaya

Posted on 26.8.2020

Im Netz der Reykjavík Noir Trilogie: Ein gelungener Auftakt "Das Netz” von Lilja Sigurðardóttir ist am 16.06.2020 auf 360 Seiten im DuMont Buchverlag erschienen und bildet den Auftakt zur Reykjavík Noir Trilogie. Sonja, eine junge Mutter, hat das Sorgerecht für ihren Sohn wegen der Affäre zu einer Frau, Agla, verloren. Nun braucht Sonja Geld, um sich einen guten Anwalt leisten zu können und ihren Sohn wiederzubekommen. Agla hat zwar Geld, kämpft allerdings mit den Auswirkungen des isländischen Finanzcrashs, in den sie verwickelt ist. Sonjas einziger Ausweg scheint das kurzzeitige Schmuggeln von Kokain. Bei ihren Besuchen am Flughafen beginnt der kurz vor der Pension stehende Zollbeamten Bragi allerdings zu ahnen, dass ihr fast schon zu perfektes Auftreten eine Fassade ist. Zwischen Sonja, Bragi und Agla entspinnt sich ein Netz der Kriminalität, in dass die drei sich immer weiter zu verstricken scheinen. Die Handlung des Buches ist sehr komplex, allerdings wirkt sie dabei nie künstlisch oder gar negativ – ich war jedenfalls sehr positiv überrascht über die Komplexität und Vielschichtigkeit der Erzählung die dabei so verdammt realistisch wirkt. Dabei gibt es aber keinen starken Spannungsbogen, die Spannung wird eher unterschwellig aufgebaut und kommt ohne viel Blut und Gewalt aus. Für diesen Spannungsaufbau helfen auch die recht kurzen Kapitel, die immer wieder die Geschehnisse aus Perspektive der drei Haupt-Protagonisten erzählen. Die Gestaltung der Charaktere ist sehr gelungen. Wir haben es hier mit sehr vielschichtige Charakteren zu tun, die keine Klischees bedienen. Und auch wenn sich die Charaktere immer mehr im Netz der Kriminalität zu verstricken scheinen, schafft es das Buch trotzdem, dass man Sympathien für die Charaktere entwickelt und ihre Entscheidungen durchaus versteht. Die Autorin reizt sehr gekonnt aus, dass es nicht nur Schwarz und Weiß, Gut und Böse oder Richtig und Falsch gibt, sondern sehr viele Abstufungen dazwischen und zeigt uns damit sehr eindrucksvoll, wie auch wenige (falsche) Entscheidungen dazu beitragen können, dass man sich mehr und mehr im Netz der Kriminalität verfangen kann. Der Schreibstil ist alles in allem recht einfach gehalten, trägt aber auch eine gewisse Dunkelheit in sich und liest sich sehr flüssig. Ich hatte sehr viel Spaß beim Lesen. Ich habe lediglich etwas von der Atmosphäre Islands vermisst, auch das Ende ist mir etwas zu offen gestaltet, aber das ist vermutlich dem geschuldet, dass es der Auftakt einer Trilogie ist. Ich hatte jedenfalls sehr viel Lesespaß mit diesem Buch, und empfehle es sehr gern weiter!

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