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sinnesgleich

Posted on 23.8.2020

Adrienne "Rennie" Brodeur ist 14 Jahre alt als ihre Mutter Malabar sie in tiefster Nacht aus dem Schlaf reißt und ihr aufgeregt berichtet, dass Ben sie geküsst hat. Ben ist der beste Freund von Malabar´s Ehemann und Rennie´s Stiefvater Charles. Ab diesem Zeitpunkt gerät alles aus den Fugen. Rennie gerät plötzlich in die Rolle der Komplizin und Mitwisserin zu deren Aufgabe es wird die Affäre zu verdecken und vor ihrem Bruder und ihrem Stiefvater zu verheimlichen. Sie hat ein schlechtes Gewissen, fühlt sich jedoch ihrer Mutter der Loyalität verpflichtet. Zumal sie seit sie denken kann um die Liebe ihrer schillernden, extrovertierten und egoistischen Mutter buhlt. Während sich anderen Jugendliche in diesem Alter von den Eltern allmählich abzunabeln beginnen, bindet Malabar ihre Tochter mit ihrem Geheimnis an sich. Man kann förmlich mitverfolgen wie die zuvor schon schwierige Mutter-Tochter-Beziehung immer toxischer und manipulativer wird. Zwischen den beiden entsteht ein extremes Abhängigkeitsverhältnis. Während Rennie sich in der vermeintlichen Rolle des Lieblingskindes suhlt, das geteilte Geheimnis als Liebes- und Vertrauensbeweis seitens ihrer Mutter betrachtet, ist sie für Malabar eigentlich nur eines: ein notweniges Mittel zum Zweck. Adrienne Brodeur arbeitet in diesem Buch die schwierige Beziehung zu ihrer Mutter auf und erzählt wie sich die frühen Erfahrungen ihrer Jugend auf ihre späteren Beziehungen, mentale Gesundheit und ihr Verhalten bis ins späte Erwachsenenalter auswirken. Während des Lesens konnte ich stellenweise kaum glauben, dass es sich hier tatsächlich um eine wahre Geschichte handeln soll. Die Erfahrungen die Rennie mit ihrer Mutter macht schmerzen zu lesen. Man hofft die ganze Zeit darauf das sie aus ihrer Illusion aufwacht und das wahre Gesicht ihrer Mutter erkennt, sie zur Rede stellt und sich von ihr distanziert. Dabei zeichnet sie ein solch genaues Bild ihrer Beziehung zu Malabar und deren Charakter, dass man diese Frau regelrecht vor sich hat. Ihr gelingt es perfekt diese ambivalente Haltung zu ihrer Mutter einzufangen und auch wenn es schwierig ist, kann man verstehen wie sie sich ihrer Mutter gegenüber verhält. Im Laufe der Handlung wird aus dem naiven jungen Mädchen eine reflektierte und differenziert denkende Frau, die sich der Realität und Erkenntnis ihrer toxischen Beziehung zu ihrer Mutter stellt. "Wild Game" ist eine fantastische Biographie über Intrigen, eine toxische Mutter-Tochter-Beziehung und das Erwachsenwerden. Dabei liest sich die Erzählung wie ein Roman. Eine ganz große Empfehlung meinerseits und definitiv eines meiner Highlights in diesem Jahr!

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