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fernweh_nach_zamonien

Posted on 22.8.2020

Langatmig, wenig Spannung. Düsterer, ruhiger Roman mit Charakterstudie. Inhalt: Cornwall im Sommer 1986: Die jugendliche Tamsyn beobachtet täglich fasziniert die luxuriöse Villa auf den Klippen und deren Bewohner, das Ehepaar Davenport. Sie weiß, dass das Haus unter der Woche leer steht und schleicht sich eines Tages hinein, um Teil des Luxus' zu sein. Durch Zufall wird sie jedoch von deren Tochter Edie entdeckt und die ungleichen Mädchen freunden sich an. Doch die scheinbare Familienidylle der Davenports bröckelt und es kommt zu Streit, Eifersuchtsszenen und Neid. Mein Eindruck: Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht. Die vielen Perspektiven sorgen für Abwechslung und man lernt die Charaktere besser kennen. Erzählt wird in der Ich-Form, im Imperfekt und jeweils zum Kapitelanfang findet man einen Hinweis auf die Person z. B. "Tamsyn - Juli 1986". Zwischendurch erfolgt ein Wechsel zu "Heute" (Ich-Erzählung im Präsens und Kursivschrift). Wer hier Tamsyns Gesprächspartner ist, bleibt allerdings bis kurz vor Schluss ein Geheimnis. Die Protagonisten sind zwar interessant ausgearbeitet, aber wenig sympathisch und einige Nebenfiguren bleiben oberflächlich. Tamsyn ist Halbwaise, trauert um ihren tödlich verunglückten Vater und sehnt sich nach einem anderen Leben. Die benachbarte Villa der Davenports zeigt ihr eine heile Welt im unerreichbaren Luxus, denn die eigene Familie hat mit Arbeitslosigkeit, Mangel an Alternativen und finanziellen Problemen zu kämpfen. Die Tochter der Davenports, Edie, dagegen hat alles wovon Tamsyn nur träumt, ist aber ein gelangweiltes und einsames Kind reicher Eltern, abgeschoben ins Internat und rebellisch. Trotzdem zeigen sich immer wieder Parallelen zwischen den beiden Mädchen und trotz ihrer Unterschiede freunden sie sich an. Der Großteil der Story plätschert vor sich hin und die immer wieder gestreuten "Grusel"-Elemente z. B. unheilbringende Raben wirken zu aufgesetzt und zu gewollt. Titel und Klappentext in Verbindung mit dem atmosphärischen Cover versprechen Spannung, die die Story nicht halten kann. Man darf hierbei nicht vergessen, dass das Buch als "Roman" bezeichnet ist, aber fast überall als (Psycho-) Thriller eingeordnet wird. Wobei auch das englische Original mit "Obsession" und "Suspense" beworben wird. Der Original-Titel "The Cliff House" hätte defensiv besser zu diesem Roman gepasst und keine falschen Erwartungen geweckt, denn die Obsession Tamsyns umfasst die Villa auf den Klippen als Symbol für das unerreichbare - vermeintlich - glücklichere Luxusleben. Das Ende kommt dafür überraschend und etwas abrupt, denn die Ereignisse überschlagen sich plötzlich. Hier hätte man die Handlung tatsächlich etwas ziehen können. Es bleibt eine interessante Charakterstudie aber kein Pageturner. Ein Roman, der suggeriert ein Thriller zu sein. Fazit: Leider versprechen Titel und Klappentext etwas, das nicht eingehalten wird. Die Story ist oft langatmig und wenig spannend. Eine düstere und beklemmende Atmosphäre fehlt gänzlich. Den Leser erwartet eine interessante Charakterstudie aber keinen fesselnden Thriller. Der gelungene Schreibstil und das Setting können hier leider wenig retten. ... Rezensiertes Buch: "Ich will dein Leben" aus dem Jahr 2020

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