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Wedma

Posted on 20.8.2020

„Code Kaputt“ habe ich gern gelesen und empfehle das Buch gern weiter. Es ist nicht nur sehr unterhaltsam, es stellt die richtigen Fragen, schildert die Gegebenheiten bildhaft, liefert den Lesern in ihrem Buch spannende Einsichten in die Start-up-Szene im Silicon Valley der Nullerjahre und entlarvt, was hinter dem großen Hype steckt. Klappentext beschreibt den Inhalt sehr treffend. Aus einer Agentur im Verlagswesen wechselte die Autorin, Ende der Nullerjahre war sie Mitte zwanzig, zu einem Start-up. In diesem Buch schildert sie ihre Erfahrungen. Es ist eine Art Selbsterfahrungsbericht, wie es ihr bei den jungen coolen Unternehmern erging, die sagenhaftes Geld mit den Daten der User und ähnl. Dingen verdienen. Sie arbeitete bei drei Firmen im Laufe ihrer Zeit im Silicon Valley. Was sie da erlebt hat, auch im Sinne welch ein Miteinander dort herrschte, wie man mit ihr umging (u.a. emotionale Erpressung), was von Firma zu Firma doch recht unterschiedlich ausfiel, wie leicht man dort auch viel Geld verdienen konnte, erschien mir schon höchstinteressant. Anna Wiener hat messerscharfe Beobachtungen auch bezüglich der Sprache, wie auch der Mentalität der Coolen in ihren Bericht einfließen lassen. Ihr Blick, einer Außenseiterin, die nichts vom Gründen, Start-ups, IT insg. versteht, erlaubt ihr einen ganz anderen Blickwinkel. Es ist der Blick einer wohlgebildeten, belesenen Humanistin. Hier wird der Zusammenprall dieser Welten sehr unterhaltsam präsentiert. Sie stellte grundsätzliche, ja philosophische Fragen, die sich evtl. wohl kaum der Erschaffer dieser Apps je gestellt hätten. Sie dachte u.a. über die Zukunft nach, über das Leben und Denken der Menschen, die durch diese Techno-Innovationen beeinflusst werden würden, die so denken werden müssen, wie die Maschinen dies für angebracht halten. Es ging u.a. auch um die Bücher und die Apps, die das Lesen, den Zugang zu den Werken, revolutionieren sollten. Dass das ewige Prinzip „teile und herrsche“ auch im Silicon Valley seine Anwendung fand, liest man so ziemlich in der Mitte, u.a. auch: „…eine Welt, die von Firmen optimiert wird, die von Daten optimiert werden. Eine Welt frei von Entscheidungen und der unnötigen Friktion menschlichen Verhaltens…“ Heute gehört es zur Realität, s. die Vorgänge im Finanzsektor. Über die Enthüllungen von Snowden und wie die Autorin all das in ihrer Firma erlebt hat, liest man hier auch. Wie auch eine zutreffende Schilderung des Verhaltens der Trolle, s. S. 268. Wird so manchen Leser, der auf FB aktiv ist, ein Augenöffnender Moment sein. Von den „schlauen“ CEOs ist hier auch die Rede: „‘Warum sollte ich euch dafür danken, dass ihr eure Arbeit gut macht?“, fragte er stirnrunzelnd. Ich bezahle euch doch dafür.‘“ Ihre Art zu erzählen: leicht und ungezwungen, mit einer guten Prise Ironie und gewisser Tiefe, sorgte nicht nur für hohen Unterhaltungswert. Die Schilderungen der Menschen, die im Silicon Valley arbeiten, wie sie leben, ihre Freizeit gestalten, wie sie drauf sind! Köstlich. Just auf den Punkt und recht witzig. An einigen Stellen musste ich auflachen. Gelungene Groteske all dieser Wichtigtuer. Ich freute mich, abends zu diesem Buch zurückkehren zu können. Diese schöne Art mit dem Leser umzugehen, mit Leichtigkeit und Humor auch über ernstere Themen zu sprechen, fand ich großartig. Fazit: Ein realistischer Blick in die Branche. Ein großartig beschriebener Clash zweier Welten: Eine belesene, intelligente Humanistin trifft auch die hochspezialisierten, engstirnigen Tech-Freaks, bei denen Algorithmen und Codes mehr zählen als freier menschlicher Geist und ein Mensch insg. Leicht und humorvoll erzählt. Sehr gern gelesen, viel Spaß damit gehabt, was ich Euch auch wünsche.

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