Wedma
„Oberkampf“ habe ich sehr gern gelesen empfehle ich gern weiter. Ein gelungener Mix aus der Hommage auf den Literaturbetrieb, der Gesellschaftskritik, einer guten Prise Humor uvm. Es war keine Liebe auf den ersten Blick. Es hat eher wie ein Versehen angefangen. Im Nachhinein bin ich aber froh, dass es so geschehen ist. Sonst wäre mir diese tolle Neuerscheinung entgangen, was ausgesprochen schade wäre. Zugegeben, am Anfang musste ich mich ein wenig gedulden, aber je weiter ich las, je mehr ich von Jonas Gedanken mitbekam, die Menschen ich um ihn kennenlernte und die Geschichte sich weiterentspann, desto besser gefiel mir das Ganze. Jonas ist kein typischer Held. Er hat sein Leben in Deutschland aufgelöst und ist nach Paris gegangen, um die Biografie eines ehem. berühmten Schriftstellers zu schreiben, der in Paris seit einigen Jahren lebt. Hier eröffnet sich die Pandorabüchse. Der ältere Herr ist alles andere als ein Kind der Traurigkeit. Es ist höchstinteressant, ihn und seine Freunde kennenzulernen. Und zu vergleichen: seine Generation und die von Jonas, oder auch Jonas und den Alten. Wenn man einfach auf die Gedanken der Figuren achtet, beobachtet, was passiert, die Kommentare dazu wahrnimmt, mitdenkt, schaut, wie die Konflikte ausgetragen wurden usw., dann entwickelt sich das Ganze zu einer tiefgründigen und sehr unterhaltsamen Angelegenheit. Diese Ironie zwischendurch! Dieser Humor! Die Sprüche! Oft genug musste ich schmunzeln, paarmal auflachen und noch öfter „wie wahr!“, wie „treffend gesagt!“, „herrlich, und ganz und gar nicht abgedroschen“ denken. Dass diese bemerkenswerten Gedanken so unerwartet auftauchten, war stets eine nette Überraschung. Und auch sonst wurde für Überraschungen gesorgt, besonders zum Schluss. Jedes Kapitel ist beeindruckend auf sein eigene Art. Spätestens ab der zweiten Hälfte habe ich extra langsamer gelesen, damit so etwas Gutes nicht zu schnell vorbeigeht. „Oberkampf“ ist ein Roman, bei dem man über so vieles nachdenken kann! Eine Vielfalt an Themen wurde hier in den Erzählteppich authentisch eingewoben. Der Autor Hilmar Klute versteht es, die Atmosphäre so frisch, alles andere als banal, und zum Greifen nah rüber zu bringen. Man merkt, hier wurde Wert auf das Unverbrauchte, Originelle, Eigenartige gelegt. Und es ist vollauf gelungen. Vor allem die Art, WIE diese Geschichte erzählt wurde, ist mitunter das aufregende, das für Spannung und Lesegenuss sorgt. Selten genug: So ein Mix aus der hohen Dichte an großartigen Sätzen, Gedankentiefe, dem tollen Erzählstil trifft man nicht alle Tage. Der Roman gehört mMn mit Preisen überschüttet. Ich glaube, nach einer Pause lese ich „Oberkampf“ nochmals. Beim zweiten Mal wird es evtl. noch schöner. Wie es bei tollen literarischen Werken meist der Fall ist. Fazit: Eine großartig erzählte Geschichte, die viele Aspekte des heutigen zwischenmenschlichen Daseins unter die Lupe nimmt und der Gesellschaft den Spiegel vor Augen hält, dabei den Humor nicht vergisst. Bitte mehr davon.