bibliomarie
Das Modehaus Lichtenstein in Berlin ist eine der ersten Adresse für Damenmoden. Konservativ in der Führung durch Vater Friedrich und Sohn Ludwig. Für Sohn Jacob Lichtenstein ist es schwierig, seine modernen Vorstellungen durchzusetzen und der Konkurrenz der neuen Warenhäuser Wertheim und Tietz etwas entgegen zu setzen. Hedi beginnt als Ladenmädchen in der Krawattenabteilung, aber schnell fällt ihr Blick für Mode und für Schnitte auf, sie freundet sich mit Thea, einer der Näherinnen an. Doch ein verheerender Brand scheint alle Pläne zu durchkreuzen. Die Jahre 1913-1918 sind der zeitliche Rahmen, in dem das Buch – Auftakt zu einer Trilogie – spielt. Eine turbulente Zeit in der neue Technik, Erfindungen sich Bahn brechen und der Weltkrieg das noch junge Jahrhundert beutelt. Das stellt die Autorin sehr lebendig und farbig dar, vor allem gelingt es ihr das Leben der „kleinen Leute“ sichtbar zu machen. Der historische Hintergrund des Romans, das Berlin vor 100 Jahren mit den gesellschaftlichen Verwerfungen, der Aufbruchsstimmung und auch der anfänglichen Kriegsbegeisterung haben mir gut gefallen und mich in die Zeit versetzt. Man merkt, dass das Handlungsgerüst für mehrere Bände angelegt wurde, eine ganze Reihe von Figuren werden vorgestellt, Handlungsstränge angerissen und der Grundstock für weitere Entwicklungen skizziert. Sehr hilfreich ist dabei das ausführliche Personenregister, das dem Buch vorangestellt wurde. Der Roman ist flüssig geschrieben, hatte für mich aber in der Detailfülle der einzelnen Handlungsstränge manchmal Längen, die wohl dem Gesamtprojekt geschuldet sind. Meine Haupt- und Sympathiefiguren waren unbestritten Jacob und Hedi. Aus zwei unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, aber einig in ihrer Begeisterung für Mode, sind sie für mich die Ankerpunkte in dieser Geschichte. Das Buch ist schön erzählte Historie mit lebendigen Charakteren und spannenden Konflikten, es macht neugierig auf die Fortsetzung.