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stricki

Posted on 8.8.2020

Trauer, Schmerz und Leid Wer eine "Migrations-Geschichte" sucht, ist hier nicht richtig. Viel zu dominant ist die Trauer der jungen Mascha, die ihren Freund Elias nach einem Sportunfall pflegt und dann überraschend doch verliert. Sehr am Rande geht es darum, dass sie Jüdin und Aserbaidschanerin ist und mit elf Jahren nach Deutschland kam. Dass es in ihrer Heimat Gewalt und Krieg gab. Eine nicht unwesentliche Rolle spielen der arabische Exfreund und der türkische beste Freund. Und dass Mascha viele Sprachen spricht, Übersetzerin ist und Karriere bei der UN machen möchte. Ich wurde mit Mascha nicht richtig warm. Ich mag keine Figuren, die von den Menschen um sie herum genervt sind, sich aber in Sehnsucht nach ihnen verzehren, wenn sie weg sind. Mascha hat vielleicht ein Nähe-Distanz-Problem, ihrer Geschichte geschuldet. Aber sie leidet zu viel. Sie lässt sich auf eine unangenehme Art und Weise auf andere Menschen ein. Sie heult ihrem unerreichbaren Ex hinterher, hat Affairen, heult ihrem verstorbenen Freund hinterher. Nach seinem Tod igelt sie sich ein und ist völlig von der Rolle. Verständlich. Weitgehend apathisch trudelt sie durch das eigene Leben, verlässt die gemeinsame Wohnung, geht für begrenzte Zeit nach Israel - warum eigentlich? Bringt sich in Gefahr, nervt ihre Umgebung. Wird aber immer hingebungsvoll von ihrem Umfeld umsorgt. Warum? Mascha selber hat wenig zu geben. Das war auch vor Elias Tod schon so. Grjasnowa hat mich mit "Gott ist nicht schüchtern" umgehauen. Dieses Buch hat sie fünf Jahre früher geschrieben, hier konnte sie meine hohen Erwartungen nicht erfüllen. Aber ich hatte mir auch etwas anderes versprochen. "Der Russe ist einer, der Birken liebt" ist für mich ein Buch über die Trauer einer jungen Frau, die überraschend ihren Freund verliert und damit aus der Welt fällt. Es ist viel persönlicher Mascha-Schmerz und -Leid in diesem Buch. Mir war es zu viel.

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