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Frauen werden in der Kulturszene benachteiligt, bis auf den heutigen Tag! Auch Maria Peters hat sich, wie viele vor ihr, an einem historischen Sujet versucht. Sie kümmert sich in ihrem Roman „Die Dirigentin“ um die Dirigentin Antonia Brico (1902 in Rotterdam bis 1989 in Denver). Zuvor hat sie in dem gleichnamigen Film „Die Dirigentin“, 2018, das Leben von Antonia Brico auf die (niederländische?) Leinwand gebracht. Nach dem Trailer: sehr sehenswert. Das Buch zum Film, der am 24.09.2020 in den deutschen Kinos startet. Man fragt sich, wie man einen Roman über Musik schreiben kann. Nun, das geht aus den Danksagungen hervor, Maria Peters standen Experten zur Seite. Warum nicht?! Wofür sind Experten denn sonst da! Inhalt: Das Leben Antonia Bricos, eines musikalischen Ausnahmetalents mit der Gabe des absoluten Gehörs, ist schwer, weil sie in einer Zeit lebt, als weibliche Berufsmusikerinnen ganz und gar verpönt sind. Wenn ihnen nicht von vornherein glattweg abgesprochen wird, dass Frauen keine Musikkarriere machen können und es gerade mal für das Klaviergeklimper höherer Töchter in den Salons der besseren Gesellschaft reicht, dann greift noch das Argument, dass es sich für Frauen einfach nicht gehöre, sich so in den Vordergrund zu drängen und sowie so, sie sind zum Heiraten und Kinderkriegen da. Es hat natürlich immer einige Frauen gegeben, die sich trotz aller Vorurteile in allen möglichen Männerdomänen durchsetzten, sei es in der Wissenschaft, in der Literatur, in der Malerei und bildenden Kunst, whatsoever. Doch unzähligen Frauen, darunter sehr berühmten wie Alma Mahler-Werfel und Cosima Wagner stand kein anderer Weg offen als ihre Männer zu puschen statt ihre eigenen Karrieren zu fördern. Bitter. Bitter. Anders Antonia Brico. Sie setzt sich durch. Und ist eine Wegbereiterin für andere Musikerinnen in der klassischen Musik. Um so erschreckender liest man im Nachwort folgendes: „Die renommierte Zeitschrift Gramophone veröffentlichte 2008 eine Rangliste der zwanzig besten Orchester der Welt. Keines dieser Orchester hatte je eine Chefdirigentin.“ „2017 veröffentlichte Gramophone wieder eine Liste, diesmal mit den fünfzig besten Dirigenten aller Zeiten. Darunter ist keine einzige Frau.“ Zurück zum Roman. Maria Peters stellt in einer eindringlichen Icherzählung plus einigen Perspektivwechseln, den beschwerlichen Lebensweg der späteren Dirigentin Antonia Brico dar. Ohne in die Tiefen der Komplexität der Musiklehre einsteigen zu müssen, gelingt ihr ein Überblick darüber, was Antonia zum Beispiel an der Musik Gustav Mahlers so faszinierte. Um einen gefälligen Roman zu schreiben, muss Maria Peters dann allerdings doch sehr an der Oberfläche bleiben, so dass die Musik einigermaßen kurz kommt. Dagegen enthält der Roman durch die Menschen, die Antoinas Weg begleiten, einen zeitlichen Rahmen, leider einen manchmal allzu klischeehaftigen Hintergrund. Halt so Geschichtchen. Aus dem Weltkrieg. Sentimental und pathetisch. Fazit: Literarisch ist der Roman zu schlicht, um exzellent zu sein, und gleitet im Background ab und zu sogar ins Abgedroschene. Die dramaturgische Linie ist jedoch gut. Man merkt, dass Maria Peters vom Fach (Film) ist. Und am Besten ist das Buch, wenn es nah am Thema bleibt, dem blutigen Kampf der Frauen an ihrem Anteil an der Kunstszene. Denn immer noch sind sie mehr als benachteiligt, während den Herren der Schöpfung alle Türen offenstehen. Der Roman ist gut zu lesen, unterhaltsam und ein wichtiger Beitrag zur Gleichberechtigung der Geschlechter in der Kultursparte. Kategorie: Gute Unterhaltung: 5 Punkte. Anspruch: 3 Punkte. Verlag: Atlantik im Haus Hoffmann und Campe, 2020