papierfliegerin
» 3.5 von 5 Sternen « Das Wiedersehen mit Liv bereitet überraschend viel Freude. Sie ist so herrlich normal und bodenständig; immer noch ein bisschen zu naiv und kindlich für ihr Alter aber eben so immer noch ein Segen für die Geschichte. Sie sprüht nur so vor Lebendigkeit, wirkt authentisch und hat manchmal die dümmsten Ideen. Charmant verpackt leistet sie sich also den ein oder anderen Fauxpas und bringt den Leser damit immer wieder zum Schmunzeln. So lässt sich zwar nicht jede Handlung komplett nachvollziehen, lässt sich aber am Ende doch durch ihre Eigenheit erklären. Mit ihr mitzufiebern ist wunderbar leicht; man nimmt den Draht, den man in Band 1 schon zu ihr aufgebaut hat, einfach wieder auf und verspürt die identischen Gefühle ihr gegenüber, wie man es bereits kennt. Liv ist manchmal vorlaut, manchmal frech, manchmal unreif und manchmal ein wenig schwer von Begriff – sie ist in so mancher Hinsicht unerfahren, kann durchaus mal an den Nerven des Lesers zerren, aber am Ende ist man ihr nie böse; weil sie einfach so liebenswert und greifbar rüber kommt. Mia, Liv’s kleine Schwester, übernimmt hier in diesem zweiten Band eine weitere Hauptrolle. So lernen wir das Mädchen noch ausgiebiger, noch intensiven und noch tiefgründiger kennen. Kerstin Gier brachte noch eine interessante, humorvolle Fakten zu Mia mit ein und hielt so die Spannung aufrecht. Mia ist eine zuckersüße Persönlichkeit, die definitiv ihre Eigenheiten hat, aber dadurch nicht weniger liebenswert wirkt. Allein ihre Liebe zu Sherlock Holmes und der Detektiv-Arbeit ganz allgemein lassen sie schon unglaublich sympathisch werden. Kurz um: man fiebert hier in dieser Fortsetzung mindestens genau so sehr mit Mia mit, wie man es mit Liv tut. Weitere Charaktere gibt es natürlich auch wieder – und zwar einige. Von den beiden Stiefgeschwistern der Mädchen, über Mitschüler bishin zu Freunden, Feinden und lästigen Stief-Familienmitglieder. Ein jeder ist, wie schon im vorherigen Teil der Trilogie, ausreichend detaillreich und greifbar ausgearbeitet. Es gab sowohl die, die man prompt ins Herz schließt, die, die man von der ersten Sekunde gefressen hat und die, in denen man sich radikal getäuscht hat. Diese Undurchsichtigkeit, die der ein oder andere an den Tag legte, beeindruckte mich beinah mehr, als er ganze Rest des Buches – immerhin schafften es besagte Charaktere komplett, mich hinters Licht zu führen. Zum Schreibstil von Kerstin Gier braucht man nun wirklich nicht mehr viele Worte verlieren. Wunderbar leicht, einfach und trotzdem bildhaft und atmosphärisch erzählt sie uns die Geschichte von Liv und ihrer Traumwelt und setzt dabei besonders Humor, Charme und Lebendigkeit. Selten konnte mich ein anderer Autor mit so einer Leichtigkeit einnehmen, wie es Kerstin Gier hier mal wieder gelingt. Und obwohl es sich nicht in Worte fassen lässt, was genau ihre Art und Weise eine Story zu transportieren, so besonders macht, empfinde ich ihre Bücher allein des Stils wegen schon immer als einzigartig. Als Sahnehäubchen dient dann letztlich die Sprecherin. Simona Pahl macht wieder einen mega genialen Job – anders lässt es sich nicht beschreiben. Sie hat eine so angenehme Stimmfarbe, erzählt eindringlich und authentisch und verleiht mittels verschiedenen Stimmlagen jeder Situation die entsprechende Atmosphäre. Dabei bringt sie sowohl die düsteren Passagen perfekt rüber, als auch den Witz. Fand ein bisschen kindlich verstellt sie ihre Stimme, schenkt jedem Charakter eine Eigenheit und übertrifft sich von Kapitel zu Kapitel immer wieder selbst. Die Geschichte schließt natürlich an den Vorgänger an – so sind die Begebenheiten die selben geblieben; ebenso wie Charaktere, Setting und Worldbuilding. Jedoch gab es in Band 1 bereits die Anfänge einer Grundstory, die sich auch hier durch dieses Buch zieht. Jedoch schafft es Kerstin Gier, dass Band 2 wie eine ganz neue Geschichte wirkt. Fast so, als wäre es ein neuer Fall, den es für Liv – aber dieses Mal auch für ihre kleine Schwester Mia – zu lösen gilt. Mittels bekannten Elementen, eingebaut in eine sehr erfrischende, charmante Storyline, schafft die Autorin diese heimelige Wohlfühl-Atmosphäre, aber eben gleichzeitig auch eine gewisse Portion Spannung. Dadurch, dass sich hier vieles um Mia dreht, die man als Leser ohnehin schon ins Herz schließen muss aufgrund ihrer zuckersüßen Art, fiebert man noch einmal deutlich intensiver mit, als man es aus dem ersten Teil kennt. Auch hier ist es wieder keine Handlung, die einen komplett vom Hocker reißt, aber sie weiß zu unterhalten und teilweise richtig zu fesseln. Selbst die ein oder andere Überraschung bleibt nicht aus. Besonders besagte Grundidee lässt den ein oder anderen Grusel-Moment entstehen und die Neugier des Lesers entfachen. Super unvorhersehbare Wendungen gibt es dabei nicht, aber das brauchte dieses Buch auch gar nicht, um zu funktionieren. Was es jedoch gebraucht hätte, wäre ein wenig mehr Tempo gewesen. Gerade im mittleren Teil der Geschichte kommt eine gewisse Ruhe auf – Ruhe, in der sich die Autorin viel mit dem Zwischenmenschlichen befasst und Liv’s Liebesleben thematisiert. Hätte man das ein wenig mehr „nebenbei“ einfließen lassen, wäre es sicher dynamischer gewesen. Aber man sollte auch bedenken, dass ich eigentlich schon sehr lange nicht mehr zur Zielgruppe gehöre und deshalb kann ich über solche kleinen Kritikpunkte durchaus hinwegsehen. Gen Ende nahm die Geschwindigkeit aber zum Glück nochmal zu und mir gefiel, für welche Abwicklung sich Kerstin Gier entschied. Das zog diese Spannungsmomente nochmal ein wenig in die Länge, sodass man einfach mehr davon hatte. Gut gelöst und ein stimmiges Ende für diesen zweiten Band. Und tatsächlich auch mit einem kleinen Cliffhanger versehen, um möglichst schnell Band 3 und somit das große Finale der Trilogie lesen, oder besser gesagt hören, zu wollen. FAZIT: Ich tu mir immer schwer, meine Empfindungen zu Kerstin Gier’s Bücher in Worte zu packen, schlicht weil es stets so klingt, als hätte ich es nicht gemocht. Dem war allerdings nicht so – im Gegenteil! Band 2 dieser Trilogie überzeugt noch ein ganzes Stück mehr und lässt das Leserherz so manches Mal höher schlagen; und zwar nicht nur vor Spannung oder auch vor aufkommenden Gefühlen. Die Problematik mit der Protagonistin, ausgelöst durch ihre recht unreife, kindliche Art, blieb zwar bestehen, doch da sich hier auch vieles um Mia dreht, gleicht sich das beinah gänzlich aus. Von mir eine absolute Empfehlung, mit dem Vermerk, dass es eben eher ein jüngeres Publikum bedienen soll. Es kann aber, wie man sieht, auch die Erwachsenen wunderbar unterhalten.