Profilbild von Anna

Anna

Posted on 31.7.2020

Cover:  Das Cover ist im Grunde recht schlicht und sieht auf den ersten Blick vielleicht nicht besonders aus, jedoch spiegelt es den Inhalt der Geschichte genau wider und passt perfekt zu der hauptsächlichen Thematik und dem Hauptcharakter. Vorab kann ich sagen, dass dieses Buch sicherlich nicht jedem gefallen wird und ich es auch nicht jedem empfehlen würde. Meinen Geschmack hat es allerdings zu 100% getroffen.  Sobald ich das Buch aufgeschlagen habe, ist mir sofort der Schreibstil aufgefallen, der in meinen Augen wirklich einzigartig ist. Er ist anders, die Sätze kurz und präzise, rasant, mitreißend und poetisch auf eine sehr einfache und düstere Art. Im Kopf wird durchweg ein Sog erzeugt, der mich immer schneller hat lesen lassen wollen, der mich nicht losgelassen hat. Durch den Schreibstil wurde das Buch noch düsterer, noch beklemmender, als alleine durch den Inhalt und die Thematik. Aus der Ich-Erzähler Perspektive des Hauptprotagonisten Vincent bekommt man so genau mit, wie sein Leben sich entwickelt, wie er sich entwickelt, die Welt und die Menschen auf seine ganz eigene Art und Weise sieht und betrachtet. Die Sprache trägt hierbei genauso zu der Gesamtatmosphäre bei, wie Schreibstil und Inhalt. Diese ist einfach gehalten, jedoch voller wertvoller Denkanstöße, unglaublich klugen Feststellungen, des eigentlich doch so 'verrückten' Mannes, die in mir die Frage geweckt haben, ob seine Sicht die Welt zu sehen, denn nicht vielleicht doch in Teilen sogar wahrer und realer ist, als die unsere. Diese Gedanken verschwimmen oftmals mit Fakten, teils habe ich gar nicht mehr daran gezweifelt, dass das Gelesene stimmt, so durchdacht vom Autor ist Vincents Denkweise, so interessant und sozialkritisch seine Ansichten. Durchzogen ist das Buch auch von viel Wissen, das eingestreut wird und mir die eine oder andere Sache näher gebracht bzw beigebracht hat, zu allen möglichen Themen, die Vincent gerade durch den Kopf gehen oder begleiten, wie beispielsweise Wissen über Götter, Anatomie, Tiere, Kunst und vieles mehr. Diese angeschnitten Themen fand ich teils sogar so interessant, dass ich mich im Internet näher informiert habe- etwas, dass mir zuvor so noch nie passiert ist. Im Laufe der Geschichte spürt man immer deutlicher, wie Vincent in die Schizophrenie abrutscht, wie er von seinen inneren Stimmen dominiert wird und beginnt ihnen zu gehorchen und zu folgen, auch wenn er dies nicht immer möchte. Es ist sehr interessant seinen Veränderungen zu folgen, auch wenn es sich ab und an etwas verstrickt und ich manchmal einen Moment brauchte, um die Geschehnisse wieder richtig zu sortieren bzw zu verstehen, was real und was Ausgeburt seiner Fantasie und Schizophrenie ist.  Unnütze oder langatmige Passagen gibt es in diesem kurzweiligen Buch immerhin nicht, es lebt in Vincents Kopf, setzt nicht auf Beschreibungen des Settings oder ähnliches, sondern einzig und allein auf seine Handlungen und Entwicklung, seine Gedanken- und Gefühlswelt. Hierbei sei noch erwähnt, dass das Buch zu keiner Zeit auf Spannung oder unvorhersehbare Geschehnisse setzt, sondern es wirklich so gut wie nur um das sich verändernde Psychogramm von Vincent geht- wem so etwas also nicht gefällt, der sollte besser die Finger von dem Buch lassen.  Die einzigen kleinen Kritikpunkte für mich sind die fehlenden Kapitel, wobei auch diese ihren Teil zu dem Tempo und der Stimmung des Buches beitragen. Absätze nach stets sehr kurzen Passagen von wenigen Sätzen/ zusammmenhängenden Gedanken und Handlungen, lassen dann allerdings doch auch Lesepausen zu- wobei ich diese kaum machen wollte. Des Weiteren waren manche Ausführungen Vincents religiöser Gedanken zur Mitte hin dann doch etwas zu ausführlich für mich, da es einfach nicht mein Thema ist. Wer sich allerdings dafür interessiert, den wird dies wohl nicht stören.    Zitate: Ein Name gibt einem Ding eine Bedeutung. Die Bedeutung gibt ihm einen Charakter. Den Namen zu kennen, gibt einem Menschen macht über das Ding. Das Ding bin ich. Mein Name ist Vincent.                                                                                                                                                  ~  S.10 Der Mensch wurde zum Jäger aus Angst vor der Beute. Durch die Jagd bekam er Kontrolle über die Furcht. Der Sieg über das Tier hielt die scheinbare Bedrohung durch die Natur in Schach. Der Triumph wandelte Angst in Tapferkeit. Der Jäger unterwirft nicht nur die Beute, sondern auch seine Furcht. Nicht nur die Natur fürchtet der Mensch, er fürchtet auch das Unbekannte in Fremden. Die Angst vor dem Unbekannten führt zur Gewalt, der Jäger wird zum Krieger, tötet aus demselben Motiv: Angst. Die Beute ändert sich. Sie ist nun seinesgleichen.                                                                                                                                              ~ S.95-96   Fazit:  Engel ist in meinen Augen ein sehr eindringliches Buch, das mit Wiedererkennungswert und Atmosphäre beim Lesen glänzen kann. Der Protagonist kämpft mit seinen Dämonen um das Erschaffen eines Engels in seinem Leben, das den Teufel gewöhnt ist. Es wird nicht jedem gefallen, doch für mich war es genau richtig so, wie es ist.  Nach kleinen Abzügen gebe ich dem Buch 4/5 Sterne.

zurück nach oben