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Cornwall, 1986: Als die sechzehnjährige Tamsyn Freundschaft mit Edie Davenport schließt, ist sie selig vor Glück. Das Feriendomizil der Londoner Familie Davenport ist ein Haus auf den Klippen. Dieses Haus ist der Ort, an welchem die traumatisierte Außenseiterin Tamsyn als Kind ungetrübtes Glück erlebte. Das Haus und den Swimmingpool verbindet Tamsyn mit ihrem Vater. Seit dem Tod des Familienoberhaupts hat Tams Familie nicht nur emotional, sondern auch finanziell zu kämpfen. Die 1980er Jahre waren für strukturschwache Gegenden wie Cornwall oder Wales eine Zeit des wirtschaftlichen Abschwungs. Minen wurden geschlossen, die Arbeitslosigkeit schoss in die Höhe, insbesondere Arbeiterfamilien hatten zu kämpfen. Tamsyns Mutter Angie putzt bei den Davenports, Tam jobbt im Dorfladen, ihr Bruder Jago ist arbeitslos, der Großvater, ein ehemaliger Minenarbeiter, ist auf Sauerstoff angewiesen. Die Wohnverhältnisse sind mehr als beengt. Das Luxusleben der Davenports fasziniert Tamsyn. Die Davenports sind leider das wandelnde Klischee – Edie leidet unter der Wohlstandsverwahrlosung, ihre Mutter Eleanor ist ein süchtiges Ex-Model, der Vater ein reicher Schürzenjäger. Diese Konstellation gibt es schon lange, und sehr viel besser ist sie von Edward St. Aubyn beschrieben worden. Der Autorin Jennings gelingt es nicht, Figuren mit Tiefe zu präsentieren, und sie flicht Elemente ein, die bedrohlich wirken sollen: Leitmotivisch tauchen immer wieder Raben auf, aber leider fehlt es dem Roman einfach an Raffinesse, die Symbolik (der Swimmingpool als pars pro toto) wirkt irgendwie plump und platt, richtig geärgert habe ich mich über die „Küchenpsychologie“ und über den letzten Satz des Romans. gelungen fand ich eigentlich nur den sozialkritischen Mittelteil des Buches. Insgesamt ist der Roman aber weder Fisch noch Fleisch: Das pacing ist für einen Thriller zu gemächlich, für einen psychologischen Spannungsroman ist das Ganze zu flach, auch wenn die wechselnden Erzählperspektiven und die Zeitsprünge durchaus interessant sind. Ich hätte mir auch mehr 80-Jahre- Flair gewünscht und musste mich doch mit Schulterpolstern, Telefonzellen und Mixtapes begnügen. Das letzte Drittel des Buches ist zwar rasant erzählt, aber auch überfrachtet mit Drama, da die Autorin noch irgendwie die Kurve kriegen muss. „Die Trauer hat mich kaputtgemacht“, sagt Tamsyn. Die Autorin baut rund um diese traurige Aussage einen langatmigen plot. Im Prinzip handelt der Roman von einem mehrfach traumatisierten Kind, das Böses tut. Fazit: Der englische Originaltitel „The Cliff House“ passt viel besser zur Geschichte als der deutsche Titel. Für mich war „Ich will dein Leben“ leider eine Enttäuschung. Der Roman ist kein Spannungskracher und auch kein psychologisches Drama mit Tiefgang; über manche Elemente habe ich mich richtig geärgert. Daher kann ich leider keine Leseempfehlung aussprechen.