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Der Anfang: «Nehmen Sie ein Gemälde von Pieter Bruegel. Nun animieren Sie es. Wir essen schwarze Regensuppe zum Nachtmahl. Der grüne Kachelofen brütet in der Ecke, in der Stube dampft es, doch mir ist kalt. Die Bewohner des Hauses haben sich im Parterre versammelt. Nicht oft verlassen die Urgroßeltern den ersten Stock. Sie sind die Urgesteine hier am Hof und wer sie bewegen will, beißt auf Granit.» Ein Roman, der klingt, als hätte ihn die Autorin mit dem Fleischklopfer auf die Seiten gehämmert, ohne dabei ein einziges Mal Luft zu holen. Das Buch hat Wums und ist ungemein sprachgewaltig. Heimatroman einmal ganz anders. Die jüngste Tochter der Familie, ein zartes Kind von sechs Jahren, fackelt den Bauernhof der Eltern ab, ein wenig aus Versehen, ein wenig aus Notwehr. Ein kreatives Kind, dessen gestalterische Gedanken und Handlungen bei manchem Unverständnis hervorruft; dass im Deutschaufsatz das elterliche Heim mit einem Schiff vergleicht, «dessen Segel aus den alten Unterhosen des Vaters besteht». Sie möchte ihren Namen auf Infantin ändern und Königliche Hoheit genannt werden, den Schwestern den Namen Wolpertinger verpassen. Die Autorin hält das Feuer über den ganzen Roman und zündelt an allen Ecken. Eine entbehrungsreiche Kindheit; zwei eifersüchtige Zwillingsschwestern, lassen nichts aus, um die kleine Schwester brutal zu triezen; die harte Mutter («Ihr spitzer Schnabel ist ein Hackbeil, damit kann sie Gelenke brechen und Knochen zerschmettern») betet zum Herrgott, der Vater zum Alkohol, er liebt Pyrotechnik und Esoterik. Die Eltern, stellen nach dem Brand auf einen Biohof um, doch wirtschaftlich geht es weiter bergab. Den Urgroßeltern («Das sind Charakterköpfe mit verbügelten Gesichtern, noch nicht ganz abgestorbene Seelen») gehört das Haus, sie entscheiden. Die Großeltern im Haus gegenüber mischen sich auch gern ein. Landleben derb, ungeschminkt, rotzfrech nach dem Zeltfest und vor der Morgenmesse. «Um Mitternacht dreht der Vater mit seinem Hofdrachen verliebte Pirouetten zum Donauwalzer am Asphaltparkett. Er sieht aus wie Max Ernsts Hausengel in Fleisch und Blut. Es ist ein vergiftetes Paradies. Ein Sehnsuchtsort, an dem Huld blüht und Gnade wächst. Doch in unserer Erde gedeihen nur faulende Paradeiser, mit denen wir jetzt das Elternehepaar aus Scham bewerfen, weil uns ihre Verliebtheit peinlich ist.» Krachend fährt die Infantin über das Dorf, wo sie «Satansbrut» genannt wird. «Blasmusikpop», «Stallstiefelpunk», mit unglaublicher Kreativität der Sprache ist der Leser ins Dorfleben einbezogen, der Tod immer allgegenwärtig, Sprachbild auf Sprachbild, Metapher auf Metapher gekonnt inszeniert. Tote Tiere, verstorbene Verwandte, Friedhof, Drogentote, auf dem Land ist nichts verborgen. Die Kapitelüberschriften tragen Titel von bekannten Malern: wie Bruegel, Bosch, Tizian, Francisco Goya, Eugene Delacroix, Franz Marc, Georg Baselitz, Anselm Kiefer, Max Beckmann und Joseph Beuys. Am Ende gibt es eine Legende dazu – ein weiterer Kick für Bilder im Kopf. Eine Groteske: «Niemals ist das meine Familie, ich bin allein auf meinem Heimatplaneten.», ein Roman als Satire mit Sprachartistk und Wortgeschnaub, einfach klasse. «Der Vater ein Grizzly, die Mutter ein Greifvogel mit Frauenkopf und die Schwestern, o Gott, die Schwestern! Zum Nachtisch riecht es milchig süß und leicht nach Verderben. Ein verstörender Geruch nach Frischgeborenem und Erwürgtem. Unter der Treppe im Vorhaus friert ein leerer Hundekorb. Die Spur führt eindeutig zum Vater, denn auf dessen Hand haftet noch der Flaum der Welpen.» Helena Adler wurde 1983 in Oberndorf bei Salzburg in einem Opel Kadett geboren. Studium der Malerei am Mozarteum sowie Psychologie und Philosophie an der Universität Salzburg. Sie lebt als Autorin und Künstlerin in der Nähe von Salzburg. Bekannt durch diverse Ausstellungen und Kunstaktionen, Veröffentlichungen in Anthologien und Literaturzeitschriften. Sie ist Mitglied der Salzburger AutorInnengruppe SAG und Mitbegründerin der Literatur-Werkstatt LiLoLa (Literatur-Lobby-Land).