Harakiri
„Was ist Heimat?“ Kathi Sadler wächst behütet in einem kleinen Ort in Schlesien auf. Ihr Vater ist Landwirt, die Mutter zieht die beiden Kinder auf. Kathi geht zur Schule und ist blitzgescheit, während ihre Schwester Franzi mit einer merkwürdigen Krankheit geboren wurde. Alles scheint gut zu sein, wäre da nur nicht die neidische Nachbarin, die die Sadlers immer wieder anschwärzt. Dies wird zum großen Problem, als der zweite Weltkrieg ausbricht und die Familie zu vernichten droht. Dass Hanni Münzer schreiben kann, das hat sie ja schon zur Genüge bewiesen, aber dieses Buch finde ich eins der besten. So lebendig, man sieht die Personen quasi vor dem inneren Auge, und sympathisch, ich konnte das Buch gar nicht mehr weglegen. Kathis Freundschaft zu Anton und ihre Liebe zur kleinen Schwester, mit der sie sich nur summend unterhalten kann, die Magd Dorota und Knecht Oleg – die Personen sind mir richtig ans Herz gewachsen. Kathis Eltern bleiben ein wenig undurchsichtig. Vor allem die Mutter, Annemarie, hat ein großes Geheimnis, das im Buch nur teilweise enthüllt wird. Münzer schreibt eine Familiensaga vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges. Mühelos gelingt es ihr, die Schrecken, denen die Leute ausgesetzt waren, zu beschreiben. Und Kathi gelangt ins Kreuzfeuer der Russen, nur eines kleinen Zufalls wegen. Die Autorin macht immer wieder Andeutungen auf die spätere Handlung, was dazu führt, dass man immer noch ein Kapitel verschlingt. Auch die Aufmachung des Buches finde ich sehr gelungen mit den Zitaten am Kapitelbeginn. Hier kommen nicht nur große Personen der Weltliteratur zu Wort, auch Kathi oder Franzi werden zitiert. Fazit: jetzt beginnt das große Warten auf Band zwei dieser Familiensaga, das von mir sehnsüchtig erwartet wird.