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phantastische_fluchten

Posted on 22.7.2020

Während Adolphus McGray auf den Orkney Inseln weilt, um seine kranke Schwester zu besuchen, ereilt Ian Frey ein Hilferuf von Millie Fletcher. Millie Fletcher hat einen unehelichen Sohn, der von dem Bruder ihres Dienstherrn gezeugt wurde. Sie gab das Kind in die Obhut eines Pfarrers und die ganze Angelegenheit wurde von der Familie Koloman vertuscht. Sie behielten Millie als Dienstmädchen, der Bruder von Mr. Koloman verschwand von der Bildfläche und unternahm monatelange Reisen. Erst auf seinem Sterbebett zeigte er Reue für sein Verhalten und änderte sein Testament zu Gunsten seines unehelichen Sohnes. Die Kolomans möchten nun, dass dieser Junge, Benjamin, in den Schoß der Familie aufgenommen wird aber Millie Fletcher fürchtet um das Leben ihres Sohnes und bittet darum, dass McGray und Frey in das abgelegene Herrenhaus kommen und Benjamin beschützen. Eine glückliche Fügung, dass McGray sich in der Nähe des Aufenthaltsortes des Jungen befindet und ihn somit zu den Kolomans begleiten kann. Doch gerade, als er in dem kleinen Ort ankommt, wird der Ziehvater des Jungen, der Pfarrer, auf grausame Weise ermordet. Es scheint, als seien Millies Befürchtungen berechtigt. Ian Frey, der noch nichts von dem Mord an dem Pfarrer weiß, begibt sich, zusammen mit seinem Onkel Maurice, auf die Reise zu dem Landsitz der Kolomans. Er hofft auf einen unbeschwerten Aufenthalt in frischer Landluft mit gutem Essen und hervorragenden Wein. In den Töchtern der Kolomans finden sie angenehme Gesellschaft, doch unaufhaltsam wendet sich das idyllische Bild zu etwas absolut grauenhaftem und schon bald folgt ein weiteres Opfer. Kommentar: Dieses Mal gehen der urige Schotte und der englische Dandy zuerst getrennte Wege. Während McGray seine Schwester besucht, die mittlerweile in einer Anstalt auf den Orkney Inseln untergebracht ist, sitzt Ian Frey etwas gelangweilt in Edinburgh. Zum Glück kommt ihn sein Onkel Maurice besuchen, zu dem er ein sehr gutes Verhältnis hat und in dem er eine Vaterfigur sieht. Im letzten Band war es sein Bruder Elgie, der ihn unterstützt. Es scheint, als wäre bei jedem der Fälle einer der Verwandten des Engländers anwesend. Sehr zum Verdruss des Schotten, der die Schnösel alle nicht leiden kann. Sowhl Ian als auch Maurice sehen in dem Ausflug zum abgelegenen Loch Maree ein kleines Abenteuer, sie rechnen nicht mit irgendwelchen Gefahren und nehmen die Morddrohungen gegen Benjamin nicht ernst. Die Kolomans besitzen ein großes Herrenhaus, sie sind gebildet, zivilisiert und interessieren sich sehr für die Wissenschaften. Auch die beiden Töchter, Natalja und Veronika nehmen an den Forschungen des Vaters teil. Maurice ist von Viktoria sehr angetan und nimmt das Angebot, im Herrenhaus statt im Gasthof zu wohnen, gerne an. Ian Frey bleibt nichts anderes übrig als seinem Onkel zu folgen, auch wenn er befürchtet, dass seine Ermittlungen durch zu viel Nähe zu den Kolomans beeinflusst werden. Bald darauf treffen auch Adolphus Mc Gray, Benjamin und Dominique Koloman auf dem Anwesen ein. Dominique gibt sich seinem Cousin gegenüber offenherzig und freundlich, doch hinter dieser Freundlichkeit verbirgt sich etwas düsteres. Kurz nach ihrer Ankunft auf dem Herrensitz wird der Dorfpolizist McEwan ermordet. Ein Mann, der allen verhasst war und die Anzahl der Verdächtigen ist groß. Auf einer der Inseln im Loch Maree lebt die Familie Nellys, die seit jeher von den Kolomans unterstützt wird. Ihr Sohn Lazarus war an Land, als McEwan ermordet wurde und schnell fällt der Verdacht auf den jähzornigen jungen Mann. Aber auch Dominique und sein Diener sind Verdächtige, da sie sich zur Tatzeit nicht im Herrenhaus aufgehalten haben. Nach und nach stellt sich heraus, dass beide Familien ein Geheimnis verbindet, das nicht gelüftet werden darf. Somit sind die beiden Inspektoren und Maurice in höchster Gefahr. Ein Verwirrspiel ohnegleichen beginnt und die beiden Ermittler wissen bald nicht mehr, woran sie sind. Dies ist mittlerweile der vierte Band um die beiden sehr gegensätzlichen Inspectors. Band eins war für mich ein gelungener Auftakt, mit zwei Charakteren, die sich gegenseitig an bösen Worten und Gehässigkeiten nichts geschenkt haben. Der Schlagabtausch der beiden Männer war witzig, boshaft und sehr einfallsreich. Band zwei dagegen mochte ich nicht, er war düster, beklemmend und es fehlte der Charme des ersten Bandes. Der dritte Fall vermochte mich wiederum zu fesseln, alleine das Ensemble um Henry Irving war einfach wunderbar skizziert. Und nun der vierte Fall der beiden sehr unterschiedlichen Männer. Der Part um Ian Frey wird aus der Ich-Perspektive erzählt. Der Wechsel der Erzählstruktur erhöht die Spannung und der Leser weiß immer gleich, welchen der beiden Ermittler er gerade begleitet. Die Geschichte beginnt völlig harmlos und die unbeschwerte Heiterkeit von Maurice sorgen für eine ausgelassene Stimmung. Er ist ein Lebemann, der die positiven Seiten des Lebens genießt, der nie geheiratet hat und in seinem Neffen so etwas wie einen Sohn sieht. Er ist Ian Frey in vielem ein Vorbild, nur die Sorglosigkeit seines Onkels hat der Neffe nicht geerbt. Allerdings denkt sich auch Frey nichts dabei, seinen Onkel mit auf den abgelegenen Herrensitz der Kolomans mitzunehmen. Was soll schon großartig passieren? Auch der erste Tag auf dem Landsitz vermittelt einen harmlosen Eindruck, die Kolomans gehören der gesellschaftlichen Oberschicht an und ihr Landsitz verfügt über alle Annehmlichkeiten des modernen Lebens. Erst nach und nach schleicht sich ein leichtes Grauen ein. Die Fassade ist zu perfekt, die Menschen zu sehr bemüht, das Szenario gleicht der Kulisse eines perfekt inszenierten Theaterstücks. Der beißende Spott bleibt den beiden Inspektoren bald im Halse hängen und sie müssen etwas tun, was sie bisher kaum geschafft haben " zusammen arbeiten", denn ihrer aller Leben hängt davon ab. Trotz allem hat mich die Geschichte nicht ganz überzeugt, ich fand sie teilweise etwas konfus und ich konnte ihr manchmal nicht ganz folgen. es war schlichtweg des Guten zu viel. Dennoch war die Lösung überraschend und spannend, sprachlich gibt es bei diesem Autor absolut nichts auszusetzen. Allerdings wurde der Satz "es lief mir ein kalter Schauer über den Rücken" arg überstrapaziert und erinnerte eher an die Schauerromane des 19 Jahrhunderts. Das mag vielleicht auch so vom Autor gewollt sein, denn der ganze Roman erinnert an Geschichten von Wilkie Collins oder anderen Autoren dieser Zeit. (Die ich nicht nennen darf wegen Spoilergefahr) Vorne im Buch befindet sich eine Karte der Gegend mit den vielen Inseln im Loch Marree, so kann man den Geschehnissen ohne weiteres folgen. Ein running gag ist die Seekrankheit von Adolphus Grey, den schon die Übelkeit befällt, sobald er nur in einem kleinen Boot sitzt. Da sich die Ereignisse auf den vielen kleinen Inseln abspielen, hat der Inspector somit reichlich Gelegenheit, sich die Seele aus dem Leib zu kotzen und Ian Frey stets eine Steilvorlage für dessen scharfzüngigen Sprüche zu liefern. Fazit: Alles in allem ein unterhaltsamer Krimi mit kleinen Unzulänglichkeiten, die aber rein subjektiv empfunden werden. Band eins und drei sind meine Favoriten aber auch diese Geschichte vermag zu fesseln.

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